Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

ſucht hatte, nun den Schipka-Paß bedrohe. Fn der That hatte Suleiman Paſcha bereits am 19, Auguſt das Dorf Schipka. occupirt und am 21. den Angriff auf den von den Ruſſen beſetzten Paß begonnen. Es war beinahe ununterbrochen gekämpft worden. Verſtärkungen waren von dort nah dem bedrohten Punkte abgegangen.

Durch Gabrowa rxaſſelten im Laufe der Nacht lange Züge von Ambulanzwagen mit Verwundeten durch die ſteinigen Straßen, während lange Züge von Munitionskarren ſi< in entgegengeſeßter Richtung nah der Gefechtslinie begaben.

Noch vor Tagesanbruch begann die Kanonade, welche man in den Straßen hören konnte. Hier begegnete man einer Colonne von Koſaken, in welher jeder einzelne Mann ein lediges Pferd führte. Es waren dies jene Pferde, auf wel<en die Avant-

garde der Schübtenbrigade am Abend vorher nach dem Schipka-

Paß geworfen

worden war. Der Donner der Kan0onen wurde immer ſtärker, und zahlreihe Verwundete bewieſen die Heſtigkeit des Kampfes.

Obgleich die Fortſchaffung der Verwundeten nah rü>wärts ſtetig vor ſi ging, war Karaula - Khan und ſeine Umge=bung dennoch mit Schwerverwundeten, darunter unverhältnißmäßig viel Offiziere, überfüllt. Die Kämpfe im ShipkaPaß werden vorzugsweiſe als Schlachten. der Offiziere im gegenwärtigen Kriege bekannt und genannt werden.

Der Kampf begaun mit Tagesanbruch, die Schütenbrigade eröffnete ihn mit einem Angriff auf die beherrſchende türkiſhe Stellung vor der ruſſiſhen re<ten Flanke. Faſt gleichzeitig erneuerten die Türken von dieſer Stellung aus ihre Anſtrengungen, ihren linken Flügel vorzuſchieben und die Ruſſen zu umgehen. Das Gefecht war wild und hartnä>ig. Um 8 Uhr hieß es, die Türken würden in einer halben Stunde zurügeſchlagen ſein, Ein fürchterlihes Gewehrfeuer

868

Generalmajor Stoletow,

tobte zwiſchen dem kählen, von dei Ruſſen beſezten Kamm und dem höher gelegenen bewaldeten Rücken, wo die Türken ſtanden. Die Nuſſen fohten ohne jede De>ung und wurden ſowohl dur< das Gewehrféuer wie dux< die Bergbatterien auf dem Gipfel {hre>li< mitgenommen. Die ru}ſiſhe Batterie in der erſten Verſhanzung feuerte nux ſelten. Die Türken hatten überall Scharfſhüten vertheilt, wel<he auf Alles \{hoßen, was fi< innerhalb der ruſſiſchen Linien zeigte. Der Hergang der Kämpfe war folgender: Die Türken begannen den Angriff am 21. Auguſt, indem ſie direct vom Dorfe Schipka herauſfſtiegen. Die Beſatzung der Verſchanzungen im Paſſe beſtand aus der bulgariſhen Legion und einem Regimente der 9. Diviſion, beide dur< die vorausgegangenen Kämpfe ſehr geſ{<wächt und zuſammen niht über dreitauſend Mann ſtark, mit etwa vierzig Geſchützen. Reſerven waren bis Tirnowa keine aufgeſtellt, ein \<werer Fehler. Die Beſatzung leiſtete heftigen Widerſtand, fonnte aber nicht hindern, daß die Türken die äußerſten Linien der rufſiſchen Schütengräben am Ahhange des SvetiNikola - Berges nahmen. Um denſelben waren Minen gelegt worden, die im Augenbli>e des Sturmes explodirten und eine Maſſe Türken zerſhmetterten. Der Verluſt der Rufſen am erſten Tage betrug 200 Maun, meiſt von der bulgariſchen Legion. Am 22. ward wenig gefämpft, weil die Türken den ganzen Tag mit Umgehung8verſuchen zubrahten. Am 23. griffen ſie die ruſſiſhe Stellung in der Front und in den Flanken an, und. alle Mängel derſelben wurden fühlbar. Die Außenlinien wurden genommen, als' die Verſtärkungen eintrafen — eine Brigade der 9. Diviſion unter Doroſchinsky, die von Selvi kam. Das Gefecht dauerte den ganzen Tag, und als die Sonne ſi< zum Untergange neigte, ſcien es, als wollten ſi<h die türkiſhen Krebsſcheeren hinter den Ruſſen zuſammenſcließen und die