Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

theil hatte, daß die beiden Flügel für eine we<ſelſeitige Hilfe ohnmächtig wurden, und daß der türkiſche General, ohne eine Ueberrumplung befürchten zu müſſen, für Detail-Angriffe ein leihtes Spiel hatte. Es lagen 70 Kilometer zwiſchen den Poſitionen der rumäniſchen und ruſſiſ<en Armee vor Plewna. Man wollte die türkiſhe Stellung umgehen. Die Ruſſen waren in einer mißlichen Lage. Mehemed Ali rü>te langſam vor, ihren linken Flügel in einer Reihe glü>liher Gefechte zurücédrängend, die ihn einerſeits bis na<h Polamarca und andererſeits na<h Karagaß brachten. Die Entſcheidungsſtunde nahte heran. Der Herbſt war eingebrochen; im Balkan ſchneite es und in Bulgarien regnete es; die Straßen wurden unwegſam, die Nächte entſeßli< kalt.

Am Morgen des 3. September hielten die Türken den Kamm der Berge beſetzt, in deren Mittelpunkt Lowt ſcha liegt; blos zwei Spiben zur Rechten der Chauſſeen von Selvi, wo die Straße in den kreisförmigen Schauplay der Schlacht trat, waren am Tage zuvor vom General Skobeleff beſezt worden. Die türkiſchen Batterien waren größtentheils ſo poſtirt, daß ſie die ruſſiſhe Angriffslinie beherrſchten.

Folgende Truppen nahmen Antheil an dem Kampf vor Lowtſcha : die 2. Fnfanterie-Diviſion, die 2. Brigade der 3. Jnfanterie-Diviſion, ein Bataillon des Tſchowisk’ hen FJnfanterie-Regiments, zwei Koſakenregimenter, eine Escadron der faiſerlihen Es8corte und zehn Artillerie-Batterien. Das ganze Corps ſtand unter den Befehlen des Generals Fürſten Fmeretinsfky mit dem Oberſten Scheſtakoff als Stabschef. Die 1. Brigade der 2. Diviſion wurde vom Generalmajor Rasgildajeff, die 2. Brigade vom General Engelmann, die 2. Brigade der 3. Diviſion vom General Davidoff, die SchüßenBrigade vom General Dohrowolsky befehligt, und General Sk obeleff hatte ein gemiſ<tes Commando. General Dobrowolsky befehligte den re<ten Flügel, General Skobeleff den linken und General Engelmann die Reſerve. Die Stellung der ruſſiſhen Truppen war eine ſolche, daß es eigentli<h feine Central-Diviſion gab, wenn man niht die Reſerve als ſolche bezeihnen wollte. Auf der - Straße na<h Selvi ſtand eine Reſerve-Diviſion, zehn engliſ<he Meilen im Rü>en. Die wirklihe Angriff8macht zählte 22.000 Mann.

Um ſe<s Uhr Morgens eröffneten die Geſhüße auf den von: General Skobeleff beſeßten Bergſpitzen das Feuer, und erſt eine halbe Stunde ſpäter antworteten die Türken aus ihrer Redoute und der Batterie auf der Trajanu-Straße. Vor dem Fürſten Fmeretinsky fiel eine türkiſche Granate nieder und grub fi< in den Boden ein. Sie explodirte niht und entlo>te dem Fürſten

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nur die Bemerkung: „Gott ſei Dank, es iſt ſicher hier !“ Um 6 Uhr 45 Minuten wurden ſ<were

Maſſen von Jufanterie hinter den Hügeln concentrirt, von denen die Ruſſen feuerten. Zerſtreutes Gewehrfeuer ließ ſi< zur Rechten vernehmen, wo General Dohbrowolsky den erſten Angriff auf einige unbedeutende Höhen am re<ten Ufer der ODsma machen ſollte.

Um fieben Uhr wurde das Tirailleurfeuer dem Ohre ſtärker vernehmbar und es war augenſcheinli<, daß Dobrowols8ky vorrüdte. Die türkiſhe Artillerie that jezt wenig, aber ruſſiſhe Geſhüße feuerten raſh auf die türkiſche Jnfanterie, welhe fi<h dem Vordringen Dobro- wolsky's widerſetzte. Die ruſſiſhen Granaten plaßten regelmäßig über den Türken, faſt keine verſagte und die Geſchüßbedienung war außerordentli< gut.

Die Artillerie leiſtete bis a<t Uhr das Meiſte. Um dieſe Zeit drang der rehte Flügel vor. Das Gewehrfeuer wurde ſehr heftig, und beſonders waren es die Türken, wel<he aus ihren Bruſtwehren einen ununterbrochenen Kugelregen gegen den Feind unterhielten. Zum Glü> für die Ruſſen nahmen ſie jedo< fein Ziel, ſondern luden blos und feuerten auf's Gradewohl über die Krone der Bruſtwehr,

Um 8 Uhr 45 Minuten wurden zwei ruſſiſhe Fnfanterie-Regimenter zur Unterſtützung der Tirailleure Dobrowolsfky's auf den rechten Flügel beordert. Die Hiße war ſelbſt um dieſe frühe Stunde eine ſehr eindringlihe und die Ruſſen litten fürchterlih, indem ſie daſtanden, ohne etwas zu thun.

Um neun Uhr nahm das Gewehrfeuer an Stärke zu und breitete ſi<h weiter gegen die Osma aus. Die Plänkler trieben die Türken vor ſi her und die ruſſiſchen Geſhüße eröffneten ein heftiges Feuer, um die Jnfanterie in ihrem BVorrü>en zu unterſtützen. Um halb zehn Uhr wand ſi< das Nawinskiſche Regiment durch einen kleinen Hohlweg hinter einer der zwei nicht mit Geſchützen armirten türkfiſ<en Redouten und die zwei den Namen des deutſchen Kaiſers führenden Regimenter folgten nach.

Um 10 Uhr 10 Minuten kamen gute Nachrihten von der Rechten. Die tüxkiſhen Stellungen auf dieſer Front waren genommen und die Ruſſen waren Herren dieſes Theiles des Amphitheaters. Sie ſollten nun die iſolirte Höhe nehmen, wel<he der Rous-Berg heißt, über Lowtſcha hängt und den weſtlihen Schlüſſel der Stellung bildet.

Um 10 Uhr 20 Minuten hatte das Feuern am re<ten Flügel ganz aufgehört, da die Türken quer über das Feld geflohen waren, ohne Dohbrowolsky einen weiteren Widerſtand zu leiſten. Sfkobeleff war mit zehn Bataillonen

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