Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten
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Montenegros Vordringen bis Antivari.
Au<h Montenegro ma<te Eroberungen. Die Krieger der Schwarzen Berge benüßten die \{<öne Gelegenheit, die ihnen bisher niemals gelächelt hatte, und errangen einen billigen Sieg um den andern. Seit Suleiman Paſcha mit ſeiner Armee abgezogen, ſtanden den roman= tiſchen Raufbolden faſt gar keine regelmäßigen Truppen gegenüber. Der wider ſie aufgebotene mohammedaniſche Landſturm war wenig zahlrei< und größtentheils ſ{<le<t bewaffnet ; die Albaneſen aber, auf deren Maſſenaufgebot die Pforte re<hnete, rührten ſi< niht, ja ſie mahten Miene, die Partei der Montenegriner zu ergreifen. Verſtärkungen kamen niht, konnten niht kommen, denn während die Türkei die legten Kräfte aufbot, um ſi< von der ſhre>li<hen Umarmung der Ruſſen zu befreien, vermochte ſie die Montenegriner niht abzuwehren. .
Ganz in der Stille, faſt unbeahtet von der übrigen Welt, hatten die Montenegriner ziemli<h große Strecken türkiſchen Gebiets in ihre Gewalt gebra<ht. Nikſic mit ſeiner Umgebung bis hinauf na< Krſtaß und Piwa, die Zubci, die Suttorina, kurz der ganze ſüdliche Theil der Herzegowina gerieth in ihre Hände.
Schon im Monate Juli war die Action gegen N ikſic energiſ<h in Angriff genommen worden. Dieſelbe beſtand aus folgenden Punkten: Das Blockhaus Gorejopoljski Vir, auh Virowſchtek genannt, wel<hes, von den montenegriniſhen Projectilen arg beſchädigt, ſich Vukotitſ\< ergab; es liegt am Ausgange des Duga-Paſſes in’s Nikſicer Thal, war ein einfacher mit Redouten umgebener Thurm, der nur gegen Flintenkugeln bere<net zu ſein ſchien, und daher einer Beſchießung aus Gebirgskanonen nicht widerſtehen konnte. Dieſes Blo>haus hatte keine Kanonen,
Weiter öſtli<h gegen Lukowo liegt das Blo>haus Roſtowatſ\ <, welhes 50 Nikſicer Bürger mit Redouten umgeben wollten, um wahrſcheinlih einige Kanonen daſelbſt aufzuſtellen, da auh dieſes Blo>haus keine Artillerie hatte. Weiter ſüdlih gegen Oſtrog hin befindet ſi die befeſtigte Höhe von Trebeſ<, welche zuerſt eingenommen wurde.
Trebeſch bildet mit Oſtrog, Nikſic und Vix faſt eine gerade Linie, ſo daß Nikſic nach der Uebergabe von Vir in ein Kreuzfeuer gerathen mußte, dem es niht lange widerſtehen fonnte. Die überraſchend leihte Erſtürmung von Trebeſch erklärt ſi<h dur< die mit concentrirter Uebermacht ausgeführte Ueberrumpelung der kleinen Beſatzung. Das einzige ernſtlihe Hinderniß einer vollkommenen engen Umzingelung der
Feſtung war no<h das Blochaus Klacina. Es liegt gegen Südweſt in der Richtung auf Grahowo und iſt das ſtärkſte Vorwerk von Nikſic. Es war auh das einzige, welhes mit Kanonen armirt geweſen, ſo daß die Poſition auf der Höhe von Trebeſch, falls ſi< die Montenegriner dort feſtſezen wollten, eine unerqui>lihe werden mußte. Schließlich iſt no< das Fort M oft zu erwähnen, das die zum Eingange in die Feſtung führende Brüce über den Bach Duklo vertheidigt, doh, wohl mit Rückſicht auf die nahen Feſtungsgeſhüve, au< niht mit Kanonen verſehen iſt. Das Fort O zrenici iſt von keiner erheblichen Bedeutung für Belagerer, da es von den Montenegrinern vor der Ankunft Suleiman's faſt zuſammengeſchoſſen wurde.
Am Vorabende der Erſtürmung von Trebeſch begaben ſi< zwanzig Nikſicer Bürger in's montenegriniſhe Hauptquartier mit der Bitte, zum Fürſten Nikolaus geführt zu werden. Ueber ihren Wunſh befragt, erklärten ſie, nur dem Fürſten perſönli<h ihre Angelegenheit mittheilen zu können. Der Fürſt ließ ihnen bedeuten, er könne ſie jekt niht empfangen, do< wenn ſie ſih verbindlih machen wollten, die das Nikſicer Thal beſtreihenden Blo>khäuſer ſelbſt zu ſprengen und auch die Feſtung zu ſchleifen, wie Medun von den Montenegrinern geſchleift wurde, ſo ſtehe ihnen das nöthige Quantum Dynamit zur Verfügung, und es würde Allen das Leben und Privateigenthum verbürgt werden. Wenn ſie es aber auf ein Bombardement oder auf einen Sturm ankommen ließen, ſo könne er für nichts gutſtehen. Als ihnen dieſer Beſcheid hinterbracht wurde, zogen die Nikſicer ab, um das fürſtliche Ultimatum ihren Mitbürgern und der Garniſon zu überbringen.
Dieſe Sprache des Fürſten war auf die ungewöhnlihe Erbitterung zurüczuführen, welche im Lande, beſonders aber im Heere, gegen die Bürger von Nikſic plaßtgegriſfen hatte. Seit jeher waren die Nikſicer die erbittertſten Gegner der Montenegriner, ſo daß zwiſchen vielen Familien eine förmlihe Blutrache beſteht. Der größte Theil der Bürgerſchaft von Nifſic hatte ſi<h im Laufe der Zeit aus montenegrini\<hen Ueberläufern recrutirt, welhe nach einer vollbrachten Blutthat in dieſe Grenzfeſtung flüchteten und, um ſi< den Schuß der türkiſchen Behörden zu ſichern, zum Fslam übertraten. Viele haben no< Blutsverwandte in Montenegro.
Jn letter Zeit hatte ſi< die montenegriniſche Erregung gegen die Nikficer no< dur< den Umſtand geſteigert, daß ſie Suleiman Führerdienſte leiſteten und dadur< den Montenegrinern große Verluſte von Menſchenleben zufügten. Dabei