In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen

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Gejichte fonjtant geworden ift, jo macht er auf jeden Unbefangenen denjelben Eindrud wie eine fonftant fühlihe Gefhmadsempfindung, d.h. einen degoutanten Eindrud (die fehr zutreffende franzöfische Bezeihnung läßt fi) im Deutjchen nicht genau miedergeben). Sieht man bei einem Menjchen diejes phyfiognomijche Merkmal Itarf ausgeprägt, jo fann man darauf gefaßt fein, daß er in jeiner Konverjation die Bezeichnung füß mit Vorliebe gebrauchen und gern von fjüßen Menjchen, jüßer Mufit, füher Liebe, ja _ wohl gar von jüßen Schmerzen | hmwärmen wird.“ Der jühliche Zug erjfcheint bei Kindern mitunter au mit vorgejtredter Zungenjpite. Kinder wie Tiere pflegen nad) gut mundenden Biljen noch die Lippen zu beleden, damit der Fleinjte Neft ihren

Dr. 112 Gejhmad erneuere. Demzufolge meint Hughes „mweilt eine ledende oder züngelnde Bewegung jtetS auf ausgejprodhene Lujtgefühle Hin; beim Schreiben, beim Mtalen, furzum bei allen anjtrengenden Tätigkeiten, welche eine Sorgfalt beanfpruchen, erjcheinen fleine Mund- und Zungenbemegungen, um die Zufriedenheit mit unjerer Arbeit zu befunden.“

Süpliche Züge begegnen uns nicht nur bei glücdlichen, fröbjihen, naturfrifchen Menjchhen, jondern au; bei Seuchlern jeden Ranges und Standes. Der Bajılikenblid gnadenverfündender Baftoren wird ebenjo leicht zu erkennen jein, mie der heuchlerifche, Faljchheit verratende Zug fühlprehender Nladhbarinnen. Wir werden vielleicht gut tun, einen glüdjeligen, ehrlichen Zug und den erheuchelten, herzensfalten, jühlihen zu unterfcheiden, der uns fo jehnell zum Weberdruß und Gfel wird, wie der dauernde Genuß füßer Speifen. Die Wrena des Menfchenlebens ift nicht mit Nofenblättern belegt, jondern nur mit Sand beftreut; diefer Sand erweilt ji) da fein und mweid), dort grob und hart. Eine anfpruchslofe, gefunde, heitere Bevölferung auf feinem, weichen Sande wird im Großen und Ganzen glücjelig fein, den glücjeligen Gefihtszug annehmen.