In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen

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der Nerventätigfeit, ein höheres Mai von Willens und Tatfraft, mehr Zeben in den Zentralorganen der höheren piyhiihen Qualitäten. Das zuriidtretende, [wach ausgebildete Kinn muß notwendigerweife auf entgegengejegte Verhältnifje Hinmeijen. Ausnahmen finden felbftverftändlich auch) hier jtatt.

Durhaus zutreffende Beobahtungen madte au Schad in Bezug auf das große Kinn, defen Träger er Straft, Willen und Ausdauer zutraut. Zur Begründung führt er aus: „Vielen ijt eine große, faft unerjchöpfliche Straft bei vein geiltigen Ilnftrengungen, eine ungemeine Ausdauer bei ihren Studien, bei Büchern, bei ihren Forfchungen, in der Fähigkeit yDeen zu verfolgen und feitzuhalten, in der Mächtigfeit ihres Dentens und jehöpferifchen Vermögens eigen... . Anderen wieder ijt eine Seelenftärke, eine Geduld eigen, die an Gtärfe nur zuzunehmen icheint, je mehr die Sorgen des Lebens und dejjen Bürden Jie übermältigen und zu Boden drüden mollen ; es jind das Wenjchen, die mit dem Heldenmut des Märtyrer8 den Tod und Dejjen Qualen erleiden würden, ohne daß fie deswegen mit einem großen oder hochfliegenden Geilte begabt wären.“

eben dem Anochenbau erhält das Kinn nod) durd) Ub(agerungen der Zellitoffe fein Gepräge. Wir fennen Das fette „Doppelfinn“ als Zeichen des Wohllebens, daS Diirre magere als folches des Alterns und des geizigen habjüchtigen Wejens. Das Doppeltinn war in den Jahren der Ruhe Martin Luther eigen. Sehr unruhigen Menjhen und dürren Geizkragen, die fi) nichts zu ejjen gönnen, drücdt Mund, Nafe und das Dürre Knocenfinn den prägnanten phyjiognomijhen Stempel auf. Wie weit die breiten, runden, edigen und jpigen Kinnformen Sharaftermerfmale zum Ausdrud bringen, muß weiteren yorihungen vorbehalten bleiben; darüber jind die Anfichten uns geflärt. Die bekannten Sprichwörter „Spiges Kinn, böjer Sinn“ und „Im fpigen Kinn fitt de Dümel in“ entbehren jede haltbare Begründung.

Sobald der Zahnverluft eintritt, Wangen und Yabnfleiic einfinfen, das Alter fi) bemerkbar madt, erjheint das Finn flacher, hervorjpringender und der Mund erweitert. Der Mund zieht fi) wie bei Abb. 121, fajt Lippenlos zurüd, Das Gejicht wird fürzer, Nafe und Kinn zeigen beim Nauen die Neigung