Marxismus und Darwinismus

SOS

Jn der Tierwelt findet au< eine ſtetige Entwi>klung und Vervollfommnung der Organe ſtatt. Aber dieſe Entwilung iſt an die Umänderung des Tierkörpers gebunden und findet daher mit der unendlichen Langſamkeit ſtatt, die die biologiſchen Geſeße vorſchreiben. Jahrtauſende gelten in der Entwi>lung der organiſchen Welt nichts. Aber die Menſchen haben ſi aus dem Zwange dieſer biologiſchen Geſetze befreit, indem ſie die Entwi>klung ihrer Organe auf tote Gegenſtände außerhalb ihres Körpers verlegten. Die Werkzeuge können raſh umgebildet werden, die Technik \<hreitet mit einer Schnelligkeit vorwärts, die im Vergleich zum Entwicklungstempo der tieriſchen Organe ungeheuer iſt. Daher hat ſi<h die Menſchheit von dem Augenbli> an, als ſie dieſe neuen Bahnen einſchlug, in wenigen Jahrtauſenden zu einer Höhe erhoben, die ſie glei<h weit über die höchſten Tiere ſtellt, wie dieſe über den niedrigſten ſtehen. Mit der Erfindung der künſtlichen Werkzeuge wird gleichſam aller tieriſchen Weiterentwi>klung auf einmal ein Ziel geſeßt, da in einem kurzen Zeitraume dieſe Affenabkömmlinge ſich plößlih zu Götterkraft emporſhwingen und die ganze Erde als ihre aus\hließlihe Domäne in Beſiß nehmen. Die ruhige Entwicklung der organiſchen Welt im Darwinſchen Sinne hört plößlich auf; ſeitdem der Menſch zähmend, ausrottend, kultivierend, züchtend eingreift und alle Lebensbedingungen auf Erden umwälzt, beſtimmt und geſtaltet er die weiteren Formen des Tier- und Pflanzenlebens nah ſeinen Zwecken und ſeinem Willen.

Daher hört mit der Entſtehung der Werkzeuge au< die weitere Umbildung des menſhli<hen Körpers auf. Die Organe bleiben, was ſie bis jezt geworden waren, mit einer einzigen Ausnahme. Das Gehirn, das Organ des Denkens, mußte ſi< mit den Werkzeugen zuſammen entwi>eln; und wir ſehen auh in der Tat, daß der Unterſchied zwiſchen höheren und niederen Menſchenraſſen hauptſächlih in einem Unterſchied des Gehirninhaltes beſteht. Aber au< die Entwi>klung dieſes Organes hörte auf einer gewiſſen Stufe auf. Seit dem Anfang der Ziviliſation wird die Funktion des Gehirns immer mehr von künſtlichen Hilfsmitteln übernommen; die Wiſſenſchaft wird in Büchern aufgeſpeichert. Unſer Denkvermögen iſ heute niht weſentlich beſſer und höher als das der Grie<hen und Römer und vielleiht der Germanen; aber unſer Wiſſen iſ ungeheuer gewachſen, niht am wenigſten dadurch, daß das Organ des Geiſtes dur< ſeine künſtlihen Stellvertreter, die Bücher, entlaſtet wurde.

Kehren wir jeßt, da wir den Unterſchied zwiſchen Menſh und Tier feſtgeſtellt haben, zu der Frage zurü>, wie ſih bei beiden der Kampf ums Daſein geſtaltet. Der Kampf ums Daſein iſt Urſache der Vervoll= fommnung, da das Unvollkommene aus8gemerzt wird. An dieſem Prinzip iſt niht zu rütleln. Die Tiere werden durch dieſen Kampf immer vollkommener. Hier iſt es aber nötig, ſi<h genauer auszudrü>en und zu ſehen, worin dieſe wachſende Vollkommenheit beſteht. Und dann kann man eigentli<h nicht ſagen, daß die ganzen Tiere im Wettkampfe miteinander liegen und vollkommener werden. Sie kämpfen und konkurrieren mit ihren Organen, d. h. mit jenen Organen, worauf es im Kampfe des Lebens für ſie ankommt.