Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur
2 I. Alter des Poimandres.
recht. Selbst in der neusten Auflage scheint Zellers Behandlung mir gegenüber dem Versuch Menards eher einen Rückschritt zu bedeuten. Die an sich trefflichen gelegentlichen Bemerkungen Dieterichs und Krolls!), deren Blicke sich an verwandten Erscheinungen geschärft hatten, sowie ein beweislos hingeworfener Satz Anathon Aalls®) konnten nicht recht fruchtbar werden, solange kein einziges Stück dieser Sammlung als Ganzes betrachtet, erklärt und zeitlich bestimmt war. Die völlige @leichgültigkeit der weiteren philologischen und theologischen Kreise ist nur zu begreiflich.?)
Mich interessierten diese Schriften zunächst durch ihre literarische Form, und auch als ich sie allmählich als wichtige Urkunden jener mächtigen religiösen Bewegung schätzen lernte, welche vom Orient her einer Flut gleich das Abendland überströmte und das Christentum erst vorbereitete, dann mit sich trug — auch da erwies sich mir die literarische Form hellenistischer Theologie als bestes und sicherstes Richtmaß. So soll auch diese Untersuchung von ihr ausgehen und zu ihr zurückkehren. Ich beginne mit den bekannten Tatsachen.
Eine theologische Literatur unter dem Namen des Hermes Trismegistos hat sicher schon gegen Anfang des zweiten Jahrhunderts n. Chr. bestanden. Tertullian, vielleicht nach Soran, bezeugt De anima (c. 33 und 2) Traktate über die Unsterblichkeit der Seele, deren Verfasser Hermes, der Lehrer Platos in Ägypten, gewesen sei; der Name Trismegistos begegnet bei ihm Adv. Valent. 15. Denselben Namen kennt Philon von Byblos (Eusebios Praep. ev. I p. 36 d); Schriften unter diesem Namen erwähnt Athenagoras (P. 37, 24 Schwartz); das von Hippolyt benutzte Lehrbuch der Peraten (V 2,14 p. 196,5 Cruice) endlich nennt als irdische Abbilder des orphischen Mnv die großen Theologen Bouuerac, ’Octavnc, "Epufc pıcueyıcroc, Koupimnc, TTeröcıpıc, Zwddpiov (2), Bnpweöc, "Actpauyouxoc, Zwpodcerpnc.‘) Nun ist Gott Thot (Hermes) für den Ägypter
1) Im Abraxas und in der Abhandlung De oraculis Chaldaicis, Bresl. phil. Abh. VII S. 68 und 70.
2) Aall, Der Logos II 78 A. 4.
3) Nicht einmal bei der Behandlung derjenigen Kirchenväter, die nachweislich stark von der Hermetischen Literatur beeinflußt sind, ist diese Quelle m. W. irgend berücksichtigt.
4) Es ist daher Zufall, wenn auf Inschriften das Epitheton erst in der Zeit Kaiser Galliens erscheint (Wessely, Denkschr. d. K.K. Akad. 1893 8. 9). Der
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