Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur
8 I. Alter des Poimandres.
Schriften näher zu bestimmen, so muß die Geschichte der Gemeinde, deren Evangelium wir hier vor uns haben, soweit es geht, verfolgt werden. Ohne mancherlei Umwege geht es dabei nicht ab; das Ziel ist, Wesen und Entwicklung des Hellenismus etwas Ber zu erkennen.
Für die Datierung, welche uns in diesem Abschnitt allein beschäftigt, sei eine kurze Vorbemerkung gestattet.
Der Name des Gottes Poimandres, der im Texte selbst als ö tnc außevriac voüc, der himmlische und daher zugleich der herrschende und der untrügliche Verstand!) gedeutet wird, begegnet in der mystischen Literatur selten. Auf eine verlorene Schrift, vermutlich kurze Sprüche des Poimandres, wird in Kap. XII oder nach meiner Zählung XTV®) $15 verwiesen. Es ist jünger; denn der Priester, der im ersten Kapitel namenlos ist, wird dort schon als Hermes, der allgemeine Offenbarungsgott der ägyptischen Mystiker-Gemeinden, gefaßt. Auch jene Sprüche werden jüngeren Datums sein. Ein Mitglied der Poimandres-Gemeinde lernen wir endlich in dem Alchemisten Zosimos kennen°), der bei Berthelot (Zes alchimistes grees p. 245) seiner Glaubensgenossin Theosebeia empfiehlt nach der Befreiung von allen Schwächen und Leidenschaften zum Poimandres zu eilen und sieh im Kpatnp zu taufen. Das zeigt, wie wir im siebenten Abschnitt noch eingehender verfolgen werden, daß die Gemeinde die Hermetische Schrift Kparnp 1 Movac unter die ihren mit aufgenommen
1) Viel richtiger als Bernays, der an den selbstherrlichen Noüc dachte, übersetzte Fieinus: de potestate atque sapientia divina. Die auBevria ist das Himmelsreich. So läßt Saturninus den Archonten ein lichterfülltes Bild ävw8ev dmo Tic audevriac erscheinen (Hippolyt VII 28, vgl. Irenaeus I 24, 1: desursum a summa potestate),. So versichert in den Zauberpapyri (Dieterich, Abraxas 178, 1) der Magier, er wisse des Gottes dAneıvöv övoua kai audevrıköv Övoua, eine Formel, die an anderen Stellen umschrieben wird olda Tö Övoud cou TO Ev obpav& AaupPev (unten S. 20). Es ist der Noüc als Person der Gottheit. Der Name Poimandres ist natürlich als redender gedacht, wie so mancher gnostische Göttername; daß man den Zusammenfall mit dem Personennamen TToiuavöpoc vermeiden alles, ward wohl Anlaß der Mißbildung.
2) Daß in der Zählung Partheys ein Kapitel überschlagen ist, werde ich in Abschnitt VI nüher zu erweisen haben; so mußte ich im Anhang die Kapitelzahlen um eins erhöhen. Danach sind im folgenden die Citate Kap. XII bezw. XIV zu verstehen; die erste Zahl ist stets die Partheys, die zweite die einer von mir vorbereiteten Ausgabe.
3) Daß er Heide war, geht auch aus Photios Bibl. cod. 170 hervor.
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