Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

190 V. Ausbreitung der Hermetischen Literatur,

sowie die magischen Worte, die man auf ihn zu schreiben hat, verzeichnet werden, um selbst als Laie eine Empfindung von dem Fortleben dieser Traditionen zu bekommen. Vielleicht genügt selbst die Vorrede des einen, mir aus dem Cod. Basil. F TI 15 fol.31 und Parıs. lat. T440 fol. 13 bekannten: Inter multa alia bona, quae antıqui patres sapientissimi narraverunt philosophi, Hermes Agathodaemon') pater philosophorum, antiquissimus sapiens et quasi unus ex benedictis a. deo philosophis, librum Lunae edidit e. q. s.°) In ähnlicher Weise scheinen die theologischen Schriften der fortlebenden Hermes-Gemeinden eingewirkt zu haben. —

Doch das sind Träume, nicht wissenschaftliche Behauptungen, die ich auf diesem Gebiet gar nicht wagen könnte. Die Tatsache, daß die ägyptisch-griechische Mystik als Religion weiter Kreise bis ins XII. Jahrhundert fortgelebt hat, wird hoffentlich bald bessere Kenner bewegen, ihren Einwirkungen nachzugehen. Zu meiner eigenen Arbeit kehre ich zurück.

Um die Geschiehte der Poimandres-Gemeinde zu verfolgen müssen wir zunächst die Zeit des XIH. (XIV.) Kapitels des Hermetischen Corpus wenigstens annähernd zu bestimmen suchen. Hierzu bietet sich, da äußere Indizien, soweit ich sehe, fehlen, nur der eine Weg, die Zeit der Zusammenstellung des Corpus zu bestimmen. Erst, wenn dies geschehen ist, kann eine Analyse des Inhalts zeigen, ob innere Gründe die bisherigen Ansätze zu stützen geeignet sind. Es gilt den Gang der Untersuchung an dem zweiten Stück von neuem aufzunehmen.

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Die uns erhaltene Sammlung Hermetischer Schriften besteht aus achtzehn von einander unabhängigen Stücken, die verschiedenen theologischen Systemen und, wie ich jetzt wohl sagen darf, sehr verschiedenen Zeiten angehören. Dennoch nimmt mehrfach die Einleitung eines

1) ayderymon Bas., abydymon Paris.

2) Dem liber Lunae des Hermes entspricht die BißAoc ceAnvıakı) des Moses (Dieterich, Abraxas 205), ähnlich wie die KAeic des einen der des anderen. Nichts hindert, das Original wirklich in hellenistische oder römische Zeit zu

versetzen.

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