Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

Tätigkeit des Redaktors. Weitere Geschichte. 211

deren Eingang gebildet sein oder in den verlorenen Abschnitten gestanden haben.

Für eine Benutzung unseres Corpus fehlt also in älterer Zeit jedes sichere Zeugnis. Aber die Hermetischen Schriften waren bis etwa ins VI. Jahrhundert in vielen Händen; erst seit dieser Zeit beginnen sie im Innern des Reiches allmählich zu verschwinden, die Kenntnis ihrer Lehren sich auf die Zitate zu beschränken.!) Ein Zufall führte dann eine lückenhafte und schwer beschädigte Handschrift unserer Sammlung im XI. Jahrhundert dem Michael Psellos in die Hände. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß das neu erwachte Interesse an Platon ihrer Weiterüberlieferung zu gute kam.?) Mit dem Anbruch des XIV. Jahrhunderts beginnt dann die Reihe der uns erhaltenen Handschriften. —

Ich ziehe hieraus die Folgerungen. Die starken Interpolationen und jene Umgestaltung des ursprünglichen Textes, die wir im zweiten und dritten Kapitel für den Poimandres glaubten nachweisen zu können, lassen sich nieht auf Rechnung des Redaktors unserer Sammlung stellen. Vielmehr müssen in der Gemeinde Umbildungen und Neuentwieklungen stattgefunden haben, welche eine Umarbeitung

1) Daß ihre Erhaltung bis zu dieser Zeit mit dem Fortleben des Neuplatonismus zusammenhängt, ist sehr glaublich. Benutzt doch der Philosoph Harpokration diese Schriften ebenso wie Iamblich. Von Theon heißt es bei Johannes Malalas (343, 14): npurveuce tü &crpovonika Kal Tu Epuod TOD TpIcHefictou cuyypdunara kai ta "Oppewc, und Cyrill (Contra Iul. I p. 548 Migne) weiß von einem Neuplatoniker seiner Zeit: menoinrar dE kai ourou (der Übereinstimmung zwischen Moses und Hermes) uvnunv &v idlaıc cuyypapaic 6 cuvredeıkisce "Adrıvncı ta EmirAnv Epuaikd mevreratdexa BıpAla. Tpdpeı dE ouTWc ev TW npbtw Tepi aVTOD, eickeköuike dE TIıva TÜV iepoupyWv Atyovra' \v’ oüv eAdwney eic Tüc Öönoluc, Ap” obyi Kal TV TueTepov "Epufiv dkobeıc TiVv TE Alyumtoy eic AfjEıv kai KÄrpouc Ämacav TENEIV cxolvw TÜC Apolpac KATUUETPOÜVTA kal dubpuxac teuecduı Taic Emupdevcecı Kal vöuouc Beivan Kal Tüc xubpac dm’ auTÜYy TPOCEITEIV Kol KÜaTactncacduı Tüc cuvarAdkeıc TÜV cuußoAalwv Kal vewerti pücacdaı KatdAoyov IC TÜV Gcrpwv emitoAfic, Kal Bordvac Teueiv Kal rp6c Ye Gpıduobc Kal Aoyıcuolc Kal yewuerplav üctpovouiav Te kal AcrpoAoylav Kal tiyv MOVCIKNYV Kai TV Ypaunarıkıv dmucav ebpovra mapadoüvaı. Aber gerade diese Zitate zeigte auch, daß die uns vorliegende Hermetische Literatur nicht in diesen Kreisen entstanden oder namhaft beeinflußt ist,

2) Eine starke kirchliche Opposition zeigen freilich die zahlreichen Randnotizen wie Afjpoc, pAuapla und dergleichen, die im Ood. Paris. 1220 (B) von jüngerer Hand am Rande nachgetragen sind.

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