Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

932 VI. Die jüngere Poimandres-Schrift.

klar, daß die drei letzten in den Hermetischen Schriften sonst das Wesen der Gottheit ausmachenden duväueıc nur einem mystischen Zahlenspiel zu Liebe eingesetzt sind. Der Verfasser weiß in der Einzelausführung auch nichts mit ihnen anzufangen. Ob er die Zehnzahl, die vereinzelt auch in ägyptischen Theosophien hervortritt, etwa angenommen hat, um im ganzen 22 duväueıc entsprechend den 22 croıyeia des hebräischen Alphabetes zu gewinnen, d. h. ob er auch unter jüdischem Einfluß steht, wird sich kaum ganz entscheiden lassen.') Ziehen wir jene drei duväueıc ab, so bleiben sieben Tugenden, welche den sieben Lastern des Poimandres entsprechen. Fünf

darf man sich direkt gegenüberstellen: Eyrkpareıa — EmiAuunrikn AMATN; dıKa1ocuyn — ApXoYTıKn TTPOdUnIa; Kaprepia — Avöcıov Apdcoc Kal TÖAUNC TIPOTIETEIG; KoIvWwvid — KaKal APopuoi TOD TAoUToU; aAndeın — weüdoc. Die zwölf Laster nennt unser Kapitel üyvoıa,

Aunn, akpacio, etiduuia, Adıkia, Aeovekia, Atdatn, Phovoc, döAoc, Opyn, TPomeTeıd, Kakia. Die Ausgestaltung hat dem Autor Mühe gemacht; er räumt selbst ein, daß öpyr und nponereıia kaum zu trennen sind; aber auch das wird astrologisch gerechtfertigt. Unter jedem Hauptdämon steht eine größere Zahl kleinerer; so kann es nicht befremden, wenn in der Beichte des angeblichen Cyprian (e. 3) 365 soleher Dämonen aufgeführt werden.’) Den allmählichen Übergang der Hermetischen in die kirchlichen Lehren zeigt trefflich der Hirt des Hermas, der in der dritten Vision (III 8, 7) die sieben Frauen aufzählt, deren eine die Mutter der anderen ist: micrıc, EykpdTEIO, AMÄOTNC, AKOKid, CEUVOTNC, Emiernun, ayarın. Diese Tugenden bedingen sich gegenseitig, wie die duvaueıc der Hermetischen Schrift. Aber auch das zweite System kennt Hermas und benutzt es im IX. Gleichnis (15, 1—3): den zwölf Jungfrauen ricrıc, Eykpareıo, düvauIc, HAKPOPuuIa, AMÄOTNC, AKakıa, üyvela, iAapotnc, aANdeıa, cUvecıc, öuövoia, ayarın stehen die zwölf schwarzgekleideten Weiber arıcria, ükpacia, ameideıa, amarn, Almn, Trovnpia, GceAyeıa, ÖFuxoAia, wEüdoc, Appocuvn, katakakıd, uicoc gegenüber. Wie dabei der yvWwcıc xapäc die iAapotnc, der yvWcıc Beoü die micrıc entspricht, brauche ich nicht auszuführen; die Stellung der Aumn im Lasterkatalog, die man als

1) Vgl. hierüber Beigabe II.

2) Die überall begegnende astrologische Begründung zeigt wohl ohne weitere Ausführungen, woher die katholische Kirche die Annahme einer Siebenzahl der schweren Laster überkommen hat.

DENSEIE-