Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

234 VII. Die jüngere Poimandres-Schrift.

tische Einflüsse die Vorstellung von einem Erlöserpaare, zumal Helena noch in den späten Berichten ganz an Isis erinnert.!) —

So viel von den Einzelheiten. Ein Wort der Erklärung verlangt nur noch jene eigentümliche Ausgestaltung des Pantheismus, welcher, wie ich schon früher erwähnte, in unserer Schrift den nicht-ägyptischen Dualismus fast ganz verdrängt hat. Es liegt dem Philologen ja besonders nahe, für ihn griechischen Ursprung anzunehmen; gerade hier würde es am wenigsten berechtigt sein. Einen ausgebildeten Pantheismus zeigte im Grunde schon die Londoner Inschrift und jenes ältere Lied auf Ptah, welches ich oben 8. 61 angeführt habe. Sein Werden zeigen die unter Amenophis IV. gedichteten Hymnen auf den Sonnengott als den Allgott, der das Kind im Mutterschoße belebt und ihm die Seele gibt, der die Erde und alle Wesen nach seinem Willen geschaffen hat. Man lebt nur durch ihn, und sein Ratschluß ist herrlich und erhaben. Er ist schön; er ist stark in seiner Liebe. Er lebt in dem Herzen des anbetenden Königs; denn niemand kennt ihn als dieser, sein Sohn; des Gottes Rat macht ihn weise”) Es ist eine philosophische Ausgestaltung eines Lokalkultes, die eben darum den für Ägypten so seltsamen Anspruch auf Allgemeingiltigkeit macht und sich kurzweg als „die Lehre“ bezeichnet.

Die letzte vorgriechische Fortbildung zeigen uns die beiden Hymnen persischer Könige in dem Tempel der Oase El- Khargeh, die Brugsch®) leider sogar in Versen und mit so häufigem Gebrauch moderner philosophischer Bezeichnungen übersetzt hat, daß er das

wie eine freiere Ausgestaltung ägyptischer Ideen. Einwirkung persischer Lehren, auf die Bousset, Religion d. Judentums 490 ff. hinweisen könnte, würde mir dabei von Anfang an minder glaublich erscheinen.

1) Vgl. Recogn. 112: Lunam vero, quae secum est, esse de superioribus caelis deductam, eandemque eunctorum genetricem asserit esse Sapientiam; Clem. I 25 p. 29, 1 Lag.: aurhv de Thv '&evnv dmd TWv dvwrarwv oVpavWv Katevnvoxevan Aeyeı TW Köcuw Kuplav oÜcav, We mauuntopa oVclav Kai Zoplav (vgl. Plut. De Is. et Os. 52 und 43). Es ist das Erlöserpaar der Köpn xöcuov, an das uns auch Angaben in dem Martyrium des Petrus erinnern werden. Sollte diese Vorstellung von einem Erlöserpaare zu der Hervorhebung der Mirjam im Kulte der Therapeuten geführt haben (Philon Therap. p. 902, Dieterich, Abraxas 147)? Oepameurat und ueAavnpöpoı erwähnt im Kulte der Isis die Inschrift ©. I. Gr. II 2295. 2) Breasted, De hymnis in Solem sub rege Amenophide IV. conceptis. Berlin 1894.

3) Reise nach der großen Oase El-Khargeh S. 27 ff.

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