Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

248 VI. Die jüngere Poimandres-Schrift.

ein brauchbares Lexikon zum Neuen Testament erhalten, so wird es die Reste hellenistischer Mystik, die bis dahin hoffentlich gesammelt und kritisch bearbeitet sind, nicht weniger als die christlichen Schriften berücksichtigen müssen und wahrscheinlich wenigstens in dem Hermetischen Corpus mancherlei jüdisches, aber kein christliches Sprachgut nachweisen, wohl aber umgekehrt in der spätjüdischen wie der frühchristlichen Literatur viel Hermetisches. —

Wir sind an das Ende des weiten Weges gelangt; denn nicht alle Hermetischen Schriften zu erklären, sondern Werden und Wachsen einer bestimmten Gemeinde in ihren Schriften zu verfolgen, war meine Aufgabe. Ich fasse die Ergebnisse kurz zusammen. Gegründet wurde die Poimandres-Gemeinde jedenfalls vor Beginn des zweiten Jahrhunderts n. Chr. und nach dem Beginn des zweiten Jahrhunderts v. Chr. Die Geschichte der "Av&pwroc-Lehre in Ägypten läßt uns mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die Zeit um Christi Geburt raten. Begründer der Sekte war ein ägyptischer Priester, welcher eine Lehre von der Weltschöpfung durch Ptah mit einer vom Osten eindringenden Verkündigung von der Knechtschaft und Befreiung des Menschen zu einem gnostischen System verband. Die Gemeinde breitete sich aus und wirkte schon um Beginn des zweiten Jahrhunderts selbst nach Rom herüber. In ihrer Lehre steigert sich im Laufe der Zeit der mystische Grundzug und mit ihm das ägyptische Element. Das Prophetentum tritt im Laufe des zweiten Jahrhunderts immer stärker hervor. Eben dadurch näherte sieh die Gemeinde wieder den zahlreichen Hermes-Gemeinden, um endlich im Laufe des dritten Jahrhunderts völlig in sie aufzugehen. Kraft und Bedeutung des Prophetentums scheinen dann wieder abzunehmen und zugleich die jüdischen Einflüsse zu wachsen. Mit dem vierten Jahrhundert entschwindet die Gemeinde unserem Bliek. Das ist im Grunde alles. —

Ich muß befürchten, daß es mir bei der Einzelausführung begegnet sein wird, ab und an zu viel für Agypten in Anspruch zu nehmen, und

der Kultformen gesellt, für sehr viel wichtiger als die einzelnen Entlehnungen bestimmter Lehren. Wie stark z. B. der ägyptisch-hellenistische Einschuß in der Dämonologie des Paulus ist, hat im Grunde weniger zu sagen als die Frage, wieweit Gebete, wie das in der Lehre der Apostel (X 2) erhaltene, die Mysterien und vor allem Einrichtungen wie Prophetentum und Prophetenpredigt durch hellenistische Gedanken ermöglicht oder von ihnen beeinflußt sind.

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