Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

266 Beigabe I. Buchstabenmystik und Aionenlehre.

Die Zahl und ihre Zerlegung kehrt in den Zauberpapyri wieder; der Gottesname wird nicht selten geschrieben « ee nnn tu 00000 vuuuuUu wwwwwww.t) Das bedeutet, wie ich jetzt wohl ohne weiteres folgern darf, daß in den sieben Sphären oder Planeten 28 Teilgötter, in jeder folgenden einer mehr als in der vorausgehenden walten; alle zusammen bilden den einen Gott.

Die Hauptsache ist offenbar die Bedeutung der Buchstabenzahl in dem Gottesnamen, minder wichtig, daß man die sieben Geister der untersten Sphäre, die sechs der nächsten u. s. f. durch die Wahl desselben Buchstaben als gleichartig, als Teile eines weiteren Wesens bezeichnete. Sie konnten, da sie im den Zaubern ja eigene Namen und Gestalten haben, auch weiter unterschieden werden. Ließ sich z. B. ein Alphabet finden, welches 23 Buchstaben bot, so konnten auch sie zur Bezeichnung dieser Teilgötter geeignet scheinen.

Hierdurch erklärt sich zunächst das System des Zosimos, auf welches ich wenigstens an dieser Stelle etwas näher eingehen muß. Sein Hauptwerk, welches er seiner Glaubensgenossin Theosebeia°)

und Damaskios der anderen an. Beide Gruppen gehen auf ein und dieselbe hellenistische Quelle, eine Rechtfertigung des Tierkultes, zurück. Ich verfolge sie noch ein Stück. Horapollon entlehnt derselben Quelle offenbar die beiden vorausgehenden Kapitel. Auch die heilige Zahl Zweiundsiebzig läßt sich zu einem ähnlichen Spiel benutzen: der Kynokephalos hat 72 Glieder oder Teile und stirbt in 72 Tagen, weil die Erde ursprünglich so viel Länder, d. h. Völker hatte. In der Tat hat ja, wie Prof. Spiegelberg mir gütig zeigte, der Kynokephalos in der Ptolemäerzeit den Lautwert t;, der auch Erde bedeuten kann (Piehl, Inser. hieroglyph. I p. 56 A. 1). In die erste Epoche des Hellenismus geht auch diese Spielerei zurück. Ganz ähnlich leitet Apion bei Plutarch De Is. et Os. 75 die Heiligkeit des Krokodils aus der Heiligkeit der Zahl Sechzig her: 60 Eier legt das Krokodil, 60 Tage brütet es, 60 Jahre lebt es, ö rwv UEeTPWV TPWTOV Ecrı TOIC mepi TÜ olpdvıa mpayuarevouevorc (vgl. hierzu Bardesanes bei Nau, B. T’astrologue 58). Wir werden uns nicht wundern, wenn wir einen Gottesnamen von 72 Buchstaben, also einen Gott, der 72 Glieder oder Teilgötter hat, finden. Ob die Zahl Zweiundsiebzig ursprünglich aus Babylonien übernommen ist, bleibt dabei gleichgiltig.

1) Vgl. z.B. Dieterich, Abraxas 185, 3.4; Kenyon, Greek Pap. Cat.1682.2. Etwas anders ist die Anordnung Abraxas 185 Z. 118, wo die 28 Buchstaben in Flügelform geschrieben und demzufolge verdoppelt sind.

2) Er nennt sie &deApi) (vgl. Suidas). Daß sie nicht wirklich seine Schwester war, zeigt deutlich genug die mehrfach wiederholte Anrede moppupoctöXe yuvaı. Daß sich die Glieder der Mystiker-Gemeinden auch im Heidentum als Brüder und Schwestern bezeichneten, sahen wir früher (S. 154) und wird ein gleich anzuführendes heidnisches Gebet noch weiter bezeugen (S. 277). Wenn

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