Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

50 II. Analyse des Poimandres.

Der Gottmensch zerreißt den Sphärenkreis und beugt sich zu Erde und Wasser nieder. Auf jene fällt sein Schatten, in diesem spiegelt sich sein Bild; dies Bild entflammt ihre Liebe, und ihm selbst gefällt dies Spiegelbild göttlicher Schönheit so, daß er darin Wohnung nehmen möchte‘); aber kaum ist er herniedergestiegen, so umschlingt ihn die @ücıc in brünstiger Liebe. So wird er, der Macht über alles hat, in den Kreis der eiuapuevn gezogen, wird Evapuövıoc doükoc, und da er das Wesen der sieben Planetengeister und zugleich des Demiurgen in sich trägt, gebiert die pücıc entsprechend jenen sieben Geistern sieben zweigeschlechtliche Menschen. Das zur Erschaffung der Körper nötige befruchtende und empfangende Element stammt aus Wasser und Erde; aus Feuer und Luft, dem Wesen des Demiurgen, die Wärme und der Odem, aus Leben und Licht, dem Wesen des Noüc und daher auch des (npWroc) ävBpwrroc, die Seele und der Geist. Ich werde auf die wunderliche Erfindung der Siebenzahl der ersten körperlichen Menschen noch später ausführlich eingehen müssen. Sie für zwecklos zu halten verbietet die auch hier offenbar wohldurchdachte und berechnete Fügung des Mythus.

Zur Fortsetzung verwendet der Theosoph die platonische und herakliteische Lehre von den Weltperioden.?) Nach Ablauf einer solchen löst der Wille Gottes alle die doppelgeschlechtlichen Wesen auf; sie _ werden zu Mann und Weib, und Gott®) spricht in einem heiligen

vöv Evepyoövroc Ev Toic vioic ic Ameıdeiac, vgl. Everling, Die paulinische Angelologie 105 #f.).

1) Wie nach ägyptischer Anschauung der Aa des Gottes in dem irdischen Götterbild. Auffällig ist die Personifizierung der gücıc, der Materie; sie tritt dem &vöpwroc hier ähnlich wie die BovAr) dem Noüc, bezw. Aöyoc gegenüber; daß es in anderen Fassungen die Archonten sind, die den ä&v&pwroc bewegen in das ymivöov mAdeua einzutreten, werden wir im nächsten Kapitel sehen.

2) Die Größe einer solchen war in den Fevıkoi Aödyoı des Hermes und in den ägyptische Lehren bietenden BißAoı Kupavidec auf 25 Sothisperioden angegeben (Fr. Boll, Sphaera 369). So dürfen wir zum Verständnis des Poimandres die aus Hermetischen Schriften geschöpfte Lehre der Harraniter heranziehen: die Allnatur bringt in jedem von den bewohnten Klimaten am Anfang von 36525 Jahren (25 Sothisperioden) ein Paar von jeder Art von Tiergeschlecht, Männchen und Weibchen, von Menschen u. a. hervor. (Chwolsohn, Die Sabier II 443). In den Anfang dieser endlosen Folge von Weltperioden versetzt der Poimandres die Periode der doppelgeschlechtlichen Wesen.

3) Wer hier „der Gott“ ist, wird nicht gesagt; daß der Noüc von sich