Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

DT GE

Miniſter Ne > er widerſeßten ſi<h und ließen in einex für den 6. November 1788 eigens dazu einberufenen Nationalverſammlung die Forderung ablehnen. Die Volksbewegung aber ſtieg, König und Regierung mußten nachgeben, und am 5. Mai 1789 traten in Verſailles die Generalſtaaten zuſammen mit 600 Vertretern des dritten Standes gegen je 300 Abgeordnete des Adels und der Geiſtlichkeit. So erhielt in der franzöſiſchen Revolution im Fahre 1789 das Bürgertum einfach durch den Druck der „wirk= lichen Verfaſſung des Landes“, den Druck der tatſächlichen Machtverhältniſſe, für die „proviſoriſhe Nationalverſammlung“ ſeine verſtärkte Vertretung in ähnlicher Weiſe wie im Fahre 1918 das _ Proletariat in Deutſchöſterreich.

Fünf Wochen bemühten ſich die Abgeordneten des dritten Standes, die beiden anderen Stände zu einer gemetnſamen Tagung und damit zur Abſtimmung nah Köpfen zu bewegen. Doch der Adel und die Geiſtlichkeit beharrten darauf, daß auh weiter, wie bisher, na<h Ständen abgeſtimmt werde. Dadurch hätte ein Beſchluß, der von den Kurien des Adels und der Geiſtlichkeit gefaßt worden tväre, als von der Mehrheit der Stände beſchloſſen, Geſeßesfraft erlangt und dem dritten Stand hätte es nichts genüßt, daß ſein Gegenbeſhluß von 600 Mitgliedern gefaßt erſchien. „Aber von Tag zu Tag nahm das Volk von' Paris eine immer drohendere Haltung ein. Die Redner, die unter freiem Himmel, auf der Straße, vor cinem Kaffeehaus, auf einem Wagen zum Volke ſprechen, reden ſhon davon, man müſſe ſi<h der öffentlichen Gebäuden und der Schlöſſer bemächtigen. Man hört ſchon die Drohungen des Schre>kenregtments herauffommen, und mittlerweile verſammelt fi<h in Verſailles das Volk jeden Tag vor den Türen der Verſammlung, um die Ariſtokraten zu beſchimpfen.“ (Peter Kropotkin.)

Da beſchließen die Abgeordneten des dritten Standes, ſich allein als Nationalverſammlung zu erklären. Jebt gaben die beiden anderen Stände nah und vereinigten ſich mit dem dritten Stand; aber Ludwig XVT. erſchien am 23. Juni in der feierlichen Verſammlung und forderte die Stände auf, ſih augenblidli<h zu trennen. Der Adel und die Geiſtlichkeit gehorten, der dritte Stand aber blieb, und Mirabeau hielt ſeine berühmte Rede, in der er erklärte, „ſie ſeien hier fraft« des Willens des Volkes und nur die Gewalt der Bajonette könne ſie vertreiben“ Daß aber dieſe verſagte, dafür hatte die Volksbewegung draußen geſorgt. Hören wir Kropotkin: „Jn Verſailles ſelbſt hätte das Volk am Tage vor der königlichen Sitzung einen Vertreter der Geiſtlichkeit, den Abbé Maury, und ebenſo d'Epremesnil, cinen Vertreter des ritten “Standes, der zum Adel übergegangen war, beinahe totgeſhlagen. Am Tage der königlichen Sißung wurde der Großſiegelbewahrer und der Erzbiſchof von Paris dermaßen ausgepfiffen, verhöhnt, angeſpien und zum Hohngelächter gemacht, daß ſie vor Scham und Wut vergingen, daß der Sekretär des Königs, Paſſeret, der den Miniſter (Necker) begleitete, am ſelben_ Tage vor Aufregung ſtirbt. Am 24. wird der Biſchof von Beauvais von einem Stein beinahe tödlih am Kopf getroffen. Am 25. Juni pfeift die Menge die Vertreter des Adels und der Geiſtlichkeit aus. Jm Palaſt des Erzbiſchofs von Paris werden ſämtliche Scheiben zerbrochen. Die Soldaten würden ſi< weigern, auf das: Volk zu ſchießen, ſagt Artur Young mit Entſchiedenheit.