Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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frappirte auch auf den erſten Bli> durch ein ſo kluges, ja ſchlaues Ausſehen, wie ih es ſelten gefunden habe. Die Stellung eines Capitains ‘ der auh im Kriege als ſolcher fommandirt, verträgt fich in Montenegro übrigens ganz gut mit dem Amte eines Popen, und nur für uns ſcheinen Piſtolen und Flinten zu lebterem gar nicht zu paſſen.

Plamenaz Freund, der Pope Milo Glichich von Limliani, welcher {on von unſerer Ankunft benachrichtigt worden war, fam uns eine Stre>e Weges entgegen und führte uns in ſeine, der des Popen von Utergk ähnliche Behauſung. Eine Zeit lang unterhielt uns darin ſein kleines na>endes Kind durch ſein munteres Spiel mit einer großen Kate, die es um das lodernde Feuer herum, bald hier, bald da erhaſchte und nah Herzensluſt liebkoſete. Hiebei war ih niht unbeſorgt, daß es unverſehens über die um das Feuer zum Sitzen gelagerten Steine fallen, und in die Flamme ſtürzen könne; welche Befürchtung jedoch von allen übrigen Anweſenden, auch ſelbſt von den Eltern nicht getheilt wurde.

Unterdeſſen hatte unſere emſige Wirthin, die Frau des Prieſers, ein Leibgericht der Montenegriner, eine fette Brühe von geräuchertem Schweinefleiſch, in welches die Stü>ke deſſelben und außerdem Stücke von Schaafkäſe geſchnitten waren, gekocht. Um den kleinen, runden, kaum zwei Fuß hohen Tiſch wurden einige Bänkchen geſtellt und mit Darreichung von Kukuruzbrodt zum Zulangen in die gemeinſame Zinnſchüſſel eingeladen, in dex die großen Fettaugen der Brühe hin und her ſchaukelten. Bei Tage, wo ih noh nachher ſehs Stunden lang montenegriniſche Gebirge beſtiegen hätte, würde ih es mit dieſen Speiſen aufgenommen haben, aber gegen die Nacht hin riskirte ih es nicht, | und faſtete deshalb lieber, indem ih nur den Anweſenden Geſellſchaft leiſtete. Uebrigens blieb auch ohne mi nichts übrig, da meine Begleiter mich aufs Erfreulichſte vertraten.

Nach dem Abendeſſen ſuchte Feder ſein Ruhepläßchen. Jch breitete über einen Haufen friſcher Maulbeerblätter, die in der Hütte aufgeſchüttet waren, meinen Mantel, den ih einem ebenfalls wie in Utergk mir angebotenen, aber für mi zu furzen, und für die kommende Nacht wahrſcheinlih auh von dem Capitaine beanſpruchten Bette vorzog. Allein ich konnte den