Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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doch bald, ‘wie gewandt die Montenegriner ihr gefährliches Spielzeug, mit dem ſie allerlei Manöver machten, behandelten. Und wenn auch die größere Anzahl- von Bewaſſneten, welche wir zu unſerer heutigen Excurſion mitnehmen mußten, Bedenken erregte, ſo hatte doch der Capitain, bei welchem Petrarca {on geſtern, rüſi<tli< einer etwa zu befürchtenden Gefahr ſich erkundigte, verſichert, daß wir uns auf ihn verlaſſen könnten, indem er uns nur ſo weit führen würde, als er es für gefahrlos halte.

Nach einer guten Stunde, in der wir den ſanften Abfall des Sutorman Gebirges aufwärts geſtiegen waren, begann ſchon eine lebhaftere Vegetation, welche mit jedem Schritte noch „in höherem und ſ{önerem Maaße ſich entfaltete. Der immer üppigere Graswuchs überragte die Steine mehr und mehr, ſo daß ſie von ihm, wie von andern nicht weniger hohen Kräutern faſt verde>t wurden. Eichen, Eſchen, Buchen, Ahorn, Birken und anderes Laubgehölze nahm an Größe, wie an Dichtigkeit überz raſchend zu und in Kurzem befanden wir uns von ihm ſo umringt, daß wir wenig mehr vor- noh rü>wärts ſehen konnten. Scabioſen von drei bis vier Fuß Höhe gehörten nicht zu den Seltenheiten und wie ſie, waren im Verhältniß auch die andern Pflanzen aufgeſchoſſen. Die Ausſ\age des Capitains, hier ſei der reichſte Blumenort, beſtätigte fich vollfommen, denn ſo viel verſprechend, als die heutige Ausbeute, war his dahin in Montenegro noh feine geweſen. Hätten nicht die weißen Kalkſteine aus dem grünen Graſe immer wieder hervorgegu>t, man hätte glauben können in irgend welche andere fruchtbare Landſchaft, nur niht nah Montenegro verſeßt zu ſein. Ein lieblicher Duft erfüllte die reine Lnftz Schmetterlinge umſflatterten, aus ihren grünen Wohnungen aufgejagt, uns rings umher und ſpiegelten ihrer Flügel Pracht mit Wohlbehagen im Sonnenlichte, indem ſie ſie auf und nieder flappten; Käfer und Bienen brummten und ſauſten an uns vorüber und unſere heimiſche Freundin, die Nachtigal trillerte im dunkeln Schatten ihr Morgenlied.

Die Avantgarde unſerer kleinen Expedition, Spiro, ſein Maulthier und zwei andere Montenegriner hatten ſich unter dem Gebüſche verloren, der Capitain und Petrarca ſchimmerten auh nur dann und wann, der erſte mit ſeinem weißen Hemde, der andere mit ſeinem gelben Strohhute durch einzelne Lücken