Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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oder Flinte verſchen, die ihnen erſt gute Waffen erwerben ſollen; ſie können aber nicht folgen , ſenden jedo<h den Dahinſtürmenden Schüſſe nah, bis ſie ſelbſt bei ihnen eintreffen werden. Die gereiftern Männer ſieht man in Gruppen verſammelt nicht minder eilig dahin ſchreitenz Spannung beflügelt ihre Schrittez ihre Stammhäupter in der Mitte, ihre Kneſen voran, Capitaine berathend dahinter, eilen Familien, Brüderſchaften und Stämrne fort, eine Art Banner an ihrer Spiße führend. Die Weiber geben ihnen Glü>Ewünſche auf den Weg, der Seegen der hin= fälligen Greiſe begleitet ſie. Doch noh manches weiße Haupt eilt ſelbſt zum Kampfe, ſo ſchnelles geht. Auch die Frauen bleiben nicht alle bei den Kindern, Heerden, Ae>ern und im Hauſe zurü>z bald ſiad auch von ihnen viele den Jhrigen gefolgt, die Gattin dem Gatten, die Schweſter dem Bruderz jede trägt noch mehr, denn ſonſt, fräftige Speiſen und ſtärkenden Weinz an- den offenen Kapellen legen ſie die Bürden nieder, ruhen, und verrichten Gebete für die Jhrigen und für das Land.

Unterdeſſen ſicht man von den Berggipfeln am fernen Horizonte ſchwarze Rauchwolken in die Lüfte wirbeln. Die Türken haben ſchon Wohnungen in Brand geſte>t! Noch weichen die Montenegriner, entweder der plöglichen Uebermacht nicht gewachſen, oder nah wohl überlegtem Plane ihre Todtfeinde in ihre Felſenſhluchten hineinzulo>en. Während des Schießens hört man ein grauſiges Geheule, und mit ihm miſcht ſi<h das Lärmen der ziehenden Heerden, welche landeinwärts getrieben werdenz hie und da birgt man die Habſeligkeiten in verborgenen Schlupfwinkeln. Die Gefahr wird größerz helle Flammen ſchlagen an mehreren Orten zum Himmel -emporz unabſehbare Schaaren von Türken dringen hier und dort immer weiterz die Noth wächſt, =— der Vladika erſcheint an der Grenzez — mit ihm neue Begeiſterung für die Freiheit des Vaterlandes unter ſeinen Montenegrinern! Von Hügel zu Hügel erſchallt es: der Vladika iſt an- der Grenze! Alles verſammelt ſihz nur wenige, aber wachſame Wächter halten die Poſten ringsum auf Montenegro beſest. Der Kampf wird allgemeiner; den Beſchlüſſen des Vlaz difka und der um ihn Verſammelten folgen die Commandirendenz eine Truppe zieht hierhin, eine andere dorthin, um die feindliche Macht zu zertheilen, und Schaaren von Türken eilen