Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
6 Klippen des Glüs.
Was auch Bertha foeben im Geheimen mit dem Lieute= nant beſprochen haben mochte, na<theilig für Herrn v. Wangen war es niht geweſen, davon konnte ſich dieſer im Lauſe des Abends hinreichend überzeugen. Niemals war Bertha ſo liebenswürdig, fo zuvorkommend, ſo aufmunternd freundlich geweſen, wie an jenem Abend na<h der Unter= haltung mit dem Lieutenant. Herr v. Wangen wurde hie= durch in einen ſolchen Wonnerauſch verſebßt, daß er gar nicht die gedrü>te Stimmung bemerkte, in welcher außer Bertha, die heiterer und liebenswürdiger war als je, alle Mitglieder des Familienkreiſes fich befanden.
Die Poſttaſche hatte dur ihren Inhalt dieſe Stimmung Hervorgerufen, ſie hatte Briefe, einen für Herrn v. Oſternau und einen für Pehmayex gebracht; Lebterer hatte ſeinen Brief zwar ungeleſen in die Bruſttaſche geſte>t, aber er war ſhon dadur<, daß ex überhaupt einen Brief von unbekannter Hand erhielt, beſorgt und unruhig geworden. Herr v. Oſternau hatte dagegen ſeinen Brief nicht nux einmal, ſondern mehrmals geleſen; jedenfalls enthielt derſelbe irgend eine re<t unangenehme Nachricht, deun Herr v. Oſternau wurde bei der Durchleſung ſehr ernſt; mit einem eigenkhümlich for= ſchenden Blik ſchaute ex von dem Schreiben auf zu dem Jnformator hinüber, dann las ex kopfſchüttelnd weiter. Der Jnhalt des Schreibens mochte ihn wohl während des ganzen Abends beſchäftigen; ex nahm faſt keinen Antheil an der Unterhaltung, und als am Abend Egon gute Nacht ſagte, erwiderte er es niht in der gewohnten ſehr freund= lichen und herzlichen Weiſe.
Als Egon ſchon an der Thüre des Salons war, wurde