Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
220 Die lebten Tage eines Kaiſerreichs.
Herz und empfanget den Segen eines Sterbenden! Lebt wohl, lebt woh[!“
Einige Sekunden ſpäter wurde die Portière zurü>= geſchlagen und zwei ſ{öne Männer mit gerötheten Augen, welche die Thränen kaum zurü>halten konnten, erſchienen auf der Schwelle. Der Eine dieſer Männer — es war eben Sir George M,, wie ih ſpäter erfuhr — beſaß eine derartige Aehnlichkeit mit dem Kaiſer, daß ih, wenn ih nicht den vorſtehenden Dialog gehört hätte, darauf hätte [<wören mögen, daß es Kaiſer Maximilian ſelbſt geweſen wäre.
Als ih in das Zimmer trat, fand ih Seine Majeſtät in einem Lehnſtuhle ſißen, den Kopf in die Hand geſtüßt, und i< mußte meine Anweſenheit erſt dux< mehrfaches Räuſpern kund thun, bevor er den Kopf erhob. Jeßt ſah ih, daß auch er geweint hatte, aber er überwand ſi<h und ſagte zu mix mit ruhiger Stimme:
„Jh habe mit großer Freude vernommen, daß Benito Juarez Dich mit den übrigen europäiſchen Gefangenen be= gnadigt hat. Laß Dix rathen, lieber Fondeur, wende die= ſem ungaſtlichen Lande den Nü>en, ſobald Du kannſt.“
„Das iſt meine Abſicht, und ih kam hieher, um von Eurex kaiſerlichen Majeſtät Abſchied zu nehmen.“
„Ach, Du glaubſt gar nicht, wie wehe es thut, wenn man ſi<h von erprobten Freunden trennen muß, wenn man weit vom Vaterlande, von ſeinen Lieben entfernt, ſterben foll!“
Nachdem der Kaiſer dieſe Worte in traurigem Tone geſprochen hatte, kniete ih an der Seite des Lehnſeſſels