Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

122 Höheres Walten.

fich einen ſchlechten Scherz machen wollte, und doh ſcheint es unglaublich, daß ein wohlhabender Mann einer Fremden ſo ohne Weiteres das größte Vertrauen ſchenkt, als ſei für Geld Niemand zu finden, der ihm die Wirthſchaft führt und ihm ein ſhma>haftes Eſſen kocht. Jh fürchte, es ſtet irgend etwas dahinter, was mir no< räthſelz haft iſt.“

Frau Habel warf einen forſhenden Blik auf ihre Tochter, das Weſen derſelben mußte für ſie etwas Be= fremdendes haben, mußte Zweifel oder gar Unruhe ev= weden, denn es miſte ſi<h Argwohn in den Ausdru> dieſes neugierig prüfenden, erwartungsvollen Blies, als Bertha, anſtatt zu antworten, ſi mit ſichtbar wachſender Verwirrung abwandte und in einem Notenheft blätterte, welches ſie bei ihrem Eintritt aus der Hand gelegt.

„Haſt Du Geheimniſſe vor mir?“ fragte ſie im Tone

des Vorwurfs. „Die Sache ſcheint Dix weniger räthſelhaft zu ſein, als mix. Du verſtehſt es, Gott ſei Dank, no< ſchlecht, Komödie zu ſpielen. Sage mir die Wahr= heit, Bertha. Du wußteſt um dieſen Beſuch?“ Das junge Mädchen erröthete heftig, aber ihr Auge ſchaute klar, als ſie die Frage verneinte. Sie ergriff, wie von mächtiger innerer Erregung getrieben, die Hand ihrer Mutter.

„Jh will Dix geſtehen,“ ſagte ſie leiſe und mit beben= der Stimme, „was ih auf dem Herzen habe, dann magſt Du ſelbex urtheilen; ih weiß noh niht, was ih denken ſoll.“