Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

128 : Höheres Walten.

Frau Habel ſchaute thre Tochter beſremdet an. Es lag ein Widerſpruch darin, daß Bertha ſich über das An= erbieten des alten Herrn zu freuen ſchien und doch zu verſtehen gegeben hatte, daß Fräulein Neuhaus in einex Laune der Eiſerſucht mit ihr gebrochen. Oder hatte Bertha die Hauptſache verſchwiegen, daß Thekla Neuhaus Urſache zur Eiferſucht habe, daß Bertha in dem Vorſchlage des alten Holzbrecher die Gelegenheit einer erwünſchten An=

_näherung ſah?

„Zh verſtehe Dich nicht,“ ſagte ſie. „Kannſt Du es billigen, daß der Bewerber um Fräulein Neuhaus Dix anonym Theaterbillets ſendet, willſt Du den Argwohn dex Dame no< mehr reizen, indem Du mix zuredeſt, dem alten Holzbrecher die Wirthſchaft zu führe, oder haſt Du Dich eva mit dem jungen Holzbrechex ſhon verſtändigt ?“

„Mutter!“ rief Bertha erröthend, „was denkſt Du! Und doh — Du haſt Necht. Das habe ih nicht bedacht, daß ein ſolcher Argwohn entſtehen kann. Sieh, ih dachte im Gegentheil, Fräulein Neuhaus ret tief zu beſchänen, wenn ich ſie davon überführen könne, daß fie mix Unrecht gethan. Ja, Du haſt Recht, ſie würde das Schlechteſte glauben, ſie wäre im Stande, ſi<h mit Herrn Holzbrecher zu entzweien, obwohl ſie ihn, wie i< glaube, von Herzen liebt. Aber ſieh’, Herr Adolph Holzbrecher hat mix nux aus Theilnahme die Villets geſchi>t und gewiß nicht ge= dacht, daß Jemand das mißverſtchen könne. Wer ſollte auch glauben, daß ex auf eine arme Lehrerin den Blik werfen könne, den das ſchöne, ſtolze, reiche Fräulein Neu= haus gefeſſelt hat. So etwas konule doch uur ein ſo hoch=