Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

132 i Höheres Walten.

Fräulein Neuhaus ihm au< keinen Glauben geſchenkt, ſie iſt ſo leidenſchaftlih, daß ſie im Zorn auf keine Vor= ſtellungen hört. Wenn Herrn Holzbrechex ein Vorwurf trifft, ſo 1ſt es nur dex, daß ex es dem Fräulein nicht früher geſagt hat, daß er mix Billets geſchenkt, daß er das heimlich that, aber ex hat wohl gedacht, ih würde die Billets von ihm niht annehmen.“

„Du ſprichſt den Vorwurf aus,“ lächelte Frau Habel, „den weniger harmloſe Naturen als Du nicht ſo leicht nehmen önnen, und weil er gerecht iſ, müſſen wir mit um ſo größerer Vorſicht dafür ſorgen, daß Fräulein Neu= haus feine neue Nahrung für ihren Argwohn erhält. Nähme ih das Anerbieten des alten Herrn Holzbrecher an, ſo würde Fräulein Neuhaus ſich bei jedem Beſuche, den der Sohn dem Vater macht, Arges denken.“

Bertha ſ{lug erröthend das Auge nieder, ſie fühlte, daß die Mutter Recht habe, hier war kein Widerſpruch möglich.

4

Herx Franz Holzbrechex hatte bei Schilderung ſeiner häuslichen Leiden durchaus nicht übertrieben. Wer keine Sorgen hat, ſagt das Sprichwort, der ſchaft ſich welche, jeder Menſch hat auf Erden ſein Pätkchen zu tragen, und es iſt nichts thörihtex, als einen Andern zu beneiden, denn wir wiſſen ja nicht, was ihn drü>t und quält, was ihm das ſcheinbare Glü> vexrſalzt.

Herr Holzbrecher gehörte zu den Menſchen, die Feder beneidet, von denen man ſagt, es ſei ihre eigene Schuld, wenn ſie eine Sorge drüde. Er war geſund, wohlhabend, die Wunde, welche ihm der Verluſt ſeiner Frau geſchla=