Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Kriminal-Novelle von E. H. v. Dedenroth. 149

ſchwer mit Jemand vertragen werde, am wenigſten aber mit einer Perſon, an die ſie ihre bisherigen Rechte ver= loren, ſie ſah in dem Entſchluß des Bruders den Anfang zu einem völligen Bruch mit ihr, ſie ſah ſich ſchon im Geiſte mit einem Almoſen abgefunden oder gar in einer Anſtalt für Sieche untergebracht.

Holzbrecher kehrte ſih niht an ihr Lachen, ex nahm ſeinen Hut und erklärte, ex werde auf's Dienſtbotenbureau gehen. „J< will hoffen“ ſagte er, „daß ih troß des Rufes, in dem Du ſtehſt, no< ein Mädchen finde, das in unſeren Dienſt zieht, aber ih erkläre Dir hiermit, daß es die leßte iſt, die i< miethe. Jh werde mit ihr ab= machen, daß ſie nur mix den Dienſt kündigen darf, daß ih allein das Recht habe, ſie zu entlaſſen; hat ſie eine gere<te Beſchwerde über Dich, ſo werde ich ſie für die Dienſtleiſtungen behalten, deren ich bedarf, und es Dix überlaſſen, Dir eine andere Bedienung zu verſchaffen. J<h hoffe, zum nächſten Quartal die neue Cinrichtung in's Leben treten laſſen zu können, bis dahin darf fein Dienſt= botenwe<ſel vorkommen, ih gebe Dir mein Wort, daß es bei dem bleibt, was ih ſage.“

Damit verließ Holzbrecher das Gemach. Er hätte in dieſem Tone no< nie zu ſeiner Schweſter geſprochen, er wax zuweilen wohl ärgerlich und heftig geweſen, aber er hatte nie eine Drohung mit ſolcher Beſtimmtheit und Feſtigkeit ausgeſtoßen, als das heute geſchah, Minna fühlte, daß es ihm Ernſt ſei, und wilde Wuth erfüllte ſie gegen den Bruder und gegen die Perſon, deren Einfluß dieſe Veränderung bewirkt.