Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Kriminal-Novelle von E. H. v. Dedenrvolh. 157

„Gnädiges Fräulein,“ ſagte das Dienſtmädchen, wel= hes fürchtete, daß eine unvorſichtige Mittheilung der Schre>ensfkunde die Kranke gefährlich exrſ<hüttern fönne, die aber, als die Klingel ertönte, vom Kriminalbeamten den Auftrag erhalten hatte, ihrer Herrin den Beſuch des Beamten anzumelden, „es iſt ein großes Unglü> geſchehen, aber Gott ſei Dank, Sie ſind gerettet. Die Polizei iſt [hon da, der Herr Kommiſſär möchte Sie ſprechen.“

Es war, als ob ein Fieberfroſt die Kranke ſchüttele, als die Worte des Mädchens ihr andeuteten, daß ihr Bruder nicht gerettet ſei; aber das Antliz Minna’s ward aſchgrau, es wax, als ob ihre Augen aus den Höhlen träten, als das Mädchen von dex Polizei ſprach.

„Die Polizei?“ fragte Minna und ihre Stimme bebte. „Was will die Polizei? Was twill ſie von mir?“

„Gnädiges Fräulein, es wird Alles viſitirt, Herr Holz= brecher iſt an Gift geſtorben.“

Ein Grauen ſchüttelte das ſiehe Weib, Angſt und Ent= ſeßen malten ſi< in ihren Zügen. „Todt ?“ fragte ſie mit tonloſer Stimme. „Mein Bruder iſt todt 2“

Das Mädchen ni>te zuſtimmend. Es wax, als ob die Züge der Kranken, von Entſeßen verzerrt, plößlih erſtarrten, als ſei ihr die Zunge gelähmt, als höre ihx Herz auf zu ſchlagen.

„Hilfe!“ rief das beſtürzte Mädchen.

Die Thüre öffnete ſi leiſe, der Beamte ſchaute herein.

„Sie ſtirbt!“ jammerte das Mädchen. „Der Schlag hat ſie gerührt. Die Hände ſind eiskalt.“

Es wax dem Beamten, als {lage die Kranke das