Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Von Friedrich Binnen 231

früheren Lebensläufe und der Schuld, welche ex darin auf ſich geladen. Ex leidet und ſündigt, vom Schmexrze ge=trieben, abermals, er geräth immer tiefer in den Zirkel der Metempſychoſe hinein und nimmer exbli>t ex den Ausweg.

Aber gibt es denn einen Ausweg? Jſt es denn mög= li, den Kreis der Seelenwanderung zu ſprengen und aus dieſem ſtürmiſchen Meer des Sanſara den ruhigen Hafen zu gewinnen? Ja! Drüben am anderen Ufex liegt Nirwana, das ſeelige, unbewegte Nichts, in welches nah ihrem Tode Diejenigen eingehen, welche dur freiwillige Armuth, Keuſchheit, Enthaltſamkeit und Barmherzigkeit alle Leidenſchaften in ihrer Bruſt ertödten, das Streben na der Exiſtenz in ſih vernichten und nur no< für das Heil ihrer Mitgeſchöpfe arbeiten.

Das iſt der Kern der Lehren des Buddhismus, deſſen Verkünder zum erſten Male den irrenden Ménſchen die große Wahrheit brachte, daß der Zwe> des Lebens ein moraliſcher iſt, daß die Unſeligkeit wie die Seligkeit allein im Menſchen ſelbſt liegt, und daß niht Rang, nicht Reich= thum, niht Kriegsthaten no< Talente und Gelehrſamkeit den Werth des Menſchen beſtimmen, ſondern allein die Reinheit und Güte der Geſinnung.

Freilih hat man dem Buddhismus, und wohl mit Recht, vorgeworfen, daß ex erſchlaffend, die Thatkraft läh= mend und daher politiſ<h verknehtend gewirkt hat. Doch iſt dies nux ein Tadel vom europäiſchen Standpunkte aus, der Buddhiſt wird ihn nicht als ſolchen anexkennen, Denn was fann ihm, dem es niht um die Macht oder politiſche