Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

114 Unſichtbare Hände.

will höher hinaus mit ihr. Auch ex iſt eine brave Seele, dux und durch brav , davon bin ih überzeugt; aber der die alte- Herr iſt trohdem nicht ohne Shwächen, und zu dieſen gehört in erſter Linie eine kleine Doſis Eitelkeit, Er würde niht ungern ſehen, wenn feine Nichte mit ihrem ſtattlichen Vermögen von einem höheren Regierungsbeamten, wenn möglih von einem Edelmanne mit gutem alten Namen heimgeführt würde. Jh wünſchte, meine Menſchen=z fenntniß täuſchte fich in dieſem Falle, ih glaube es aber, offen geſtanden, niht.“

„Es würde mix das ſehr, ſehr leid thun; ich liebe Aenny und gönne ihr alles Gute, ſie gehört zu den weib= lichen Weſen, die unfehlbar Sympathie erwed>en , troßdent ſie keineswegs von der Natur glänzend bedacht worden iſt. Sie iſt das gerade Gegentheil der Frau v. Hilgersdorf, die, wie ih ſehe, uns glei<falls mit ihrem Beſuche be= ehrt hat. Frau v. Hilgersdorf gehört zu den blendendſten Erſcheinungen, die mir je vorgekommen ſind; foll i< aber ehrlich ſein, ſo muß ich ſagen, daß ſie mir nicht ſonderlih gefällt.“

„Jh denke wie Du, Kind,“ gab die Tante zur Antz wort, „glaube aber, daß das eigenthümliche Geſchic, das Frau v. Hilgersdorf betroffen, ihren Charakter exſt ſo problematiſch geformt, wie es den Anſchein hat. Sie war ſe<hzehn Jahre alt, als ſie ihr Vater, um ſih vor finan= ziellem Ruin zu ſüßen, mit dem Gencral v. Hilgersdorf verheirathete, einem mürriſchen, hypochondriſchen Greiſe, den am Ausgange ſeines Lebens noh eine wahnwißige Leidenſchaft zu dein ſhönen jungen Mädchen erfaßt hatte.