Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Roman von F. v, Zobeltibß. 119

der des Bli>tes Seele zu verbergen ſchien, ihr aber nur erhöhten Ausdru> gab, wenn durch dieſen ſcheinbaren Schleier eine hellere Flamme glänzte, wie das Leuchten des Meeres in ſternendunkler Nacht.

Die körperlichen und ſeeliſchen Leiden der lebten Zeit hatten matte Schatten unter die ſ{<önen Augen des Mädchens gemalt; ihre Wangen waren bleicher und ſ<hma=lex geworden, ihre Lippen hatten die alte Friſche - ver=ſoren. Lucia bemerkte dies Alles, aber ſie verſuchte den= noh zu lächeln und ſagte in halbem Scherz zu der hinter ihr Stehenden: „Noch acht Tage, Tantchen, und ih bin wie ih war! Jnnerlih fühle ih mi<h wirklih ſchon jebt wieder genugſam wohl und kräftig, um allen traurigen und wehmüthigen Erinnerungen Troß bieten zu können. Du darſſt mix getroſt geſtatten, die Zimmer Papa's zu beſuchen, ſtatt Aufregung - werden die alten lieben Räume mir Beruhigung bringen.“

Schweren Herzens ſagte die Tante zu und ſtand eben im Begriff, die Schlüſſel zu den Gemächern des verſtor= benen Oberſten, die ſeit der Beerdigung deſſelben abgeſperrt worden waren, hervorzuſuchen, als draußen auf dem Korri= dor die Klingel extönte und wenige Augenbli>e ſpäter Au=z guſt mit einer Viſitenkarte in das Frühſtü>szimmer trat.

„Der Herr bittet dringend, heuté vorgelaſſen zu wer=

en,“ ſagte er.

„v. Hölgen, föniglicher Polizeikommiſſär,“ las die Zante und ihre Stirne faltete ſich leiht. „Er war bereits dreimal hier, um Dich perſönlich zu ſprechen, Du weißt, in welcher Angelegenheit !“ j