Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

Hiſtoriſcher Roman von L. Haidheim, 105

Sie galt für eine ſehr kluge Dame und merkte an den Augen Hubert Keller's ſogleich, daß ex Manches im Sinn trug, welches ex wohl nur ſeinem Bruder ſagen wollte. Es war ihr lieb, daß Hubert kam, die merklich exkaltete Neigung feines Bruders für Jſa wärmer zu ſtimmen und durch gütiges Zureden einen wahrſcheinli<h ſ<on länger fortgeſponnenen Zwiſt zwiſchen dem Brautpaare zu be= gleichen.

Während ſie ſich zu dem ihrer wartenden Torbelli bez gab, gingen die Brüder nah Buxkard's Stube; auf dem Wege dahin äußerte Burkard nur wenige Worte, auh Hubert ſchien mit ſeinen Gedanken ſehr beſchäftigt und ſtellte nur einige halb verlegene Fragen.

Kaum hatte ſih aber die Thüre hinter ihnen geſchloſſen, als Hubert mit der ganzen brüderlichen Liebe, die immer zwiſchen ihnen beſtanden, beide Arme um Burkard {lang und mit dem Ausdru> lebhafter Sorge rief: „Ach, Bru-= der, wie haſt Du Dich verändert! Hätteſt Du doh des Vaters Ruf befolgt, meiner Bitte Gehör gegeben! Wärſt Du heimgekehrt, Burkard! Du ſiehſt Dix ſelbſt nicht mehx ähnlih, und wahrlih, ih fange an zu fürchten, es iſt Wahres an dem, was man der Urſula nachſagt, daß ſie Dich mit Zauberei umgarnt !“

„Das iſ Dein Spaß, Hubert, die Urſula kennt der Vater ja noh aus ſeiner Jugend und weiß, daß ſie auf ihre Art klug iſt und gut auf jede Art.“

„Ja, ja, ſchön iſt fie au geweſen, der Böſe ſucht ſich die Feinſten aus, und wenn ih Dix meine Meinung ſagen ſoll, fo glaube ih, die U1ſula hat den Vater auh im