Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

Hiſtoriſcher Roman von L. Haidheim. 81

geweſen, der ihr Leben erhellte und beglüdte, ohne daß ſie je daran gedacht, die Sonne haben zu wollen. Denn als der Geliebte ſie verließ und Hochzeit machte, ohne ihr nux ein Wort des Abſchieds zu gönnen, da uahm ſie auch das demüthig hin, als könne es für ſie nicht beſſer ſein, und nährte ſi lebenslang von dem unvergeßlichen kurzen Glüd, das ſie genoſſen. Sie war eben ein einfaches, ſ{<li<tes Weib, und Burkard Keller bei aller äußeren Stille ein wilder, leidenſchaftlicher Mann, der heftig ringen mußte mit dieſer unerlaubten Flamme.

-Mirx iſt allemal wohl bei Euch geworden, Urſula, wenn Jhr klug und wie eine Mutter mix zuredetet, heute aber iſt mix, als wüßt? ih beſſer um die Liebe Beſcheid, als Jhr, und wenn Jhr mix ſagt: „Zwingt Euch!“ ſo möcht? ih ſchreien und toben vor Wuth, aber zwingen fannt ih mich nicht länger, ih bitte Gott, daß er mix den Oetz tingen nicht in den Weg führt. Mir iſt oft vor mir ſel ber bange.“

So verließ ex ſie, und ſie rang die Hände in wortlofer Angſt. Wohin ſollte dies führen? —

Burkard Kellex ſchritt in ſich gekehrt und aufgeregt ſeinem niht fernen Gemache zu. .

Dex Mond ſchien hell, und fein Licht fiel hier und da in ſchrägen Streifen dur die Fenſter des Ganges. Da itvar ihm plößlich, als ſehe er eine Spukgeſtalt ſhattenhaft und lautlos vor ihm her laufen, jeßt mußte ſie einen dieſer hellen Lichtſtreifen paſſiren.

Das wilde Herzklopfen, welches ihn beim erſten Anblick dieſer fliehenden Geſtalt ergriffen, war — ex ſah es jeßt

Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd, XI. 6