Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

92 Der Teufelsmeditus.

In dex Burg konnte man ſchon öfter die kleinen Glas= fenſter auſſperren, ſommerliche Wärme fam ſo früh im Jahre, daß Laub und Gräſer eilig hervor ſproßten und Veilchen, Anemonen, Hahnenfuß und Primeln zu vielen Tauſenden die Köpfchen zu heben begannen.

Aber all’ die Frühlingswonne blieb ohne Macht auf das franfe Herz des greiſen Herrn.

Wer ihn in ſeinen ruhigeren Stunden daſißen ſah, vrehnend, grübelnd, Zahlen und Formeln exſinnend, die alle nur Ausdru> ſeines ganz verwirrten Gehirns waren, der bemitleidete ihn von Herzen; famen aber dieſe Aus= buüche tobender Wuth, ſo war der ſchwache alte Mann wie ein Rieſe und wohl im Stande, Furcht zu exwe>en.

Dann flohen ihn Alle, nux Urſula nicht; dann ver= mochte Keinex ihn zu bändigen, als Burkard Keller.

Es twar ein hartes Leben, welches dieſer führte, freud=

lo3, wie das Leben eines Galeerenſflaven, und doh war

er heimlich froh, dadurch der Beſuche in Kuppenheim übex= hoben zu ſein.

Abex was ex nicht vermeiden konnte, das war die un= befangene, argloſe Herzlichkeit des Vogts, dex theils in Geſchäſten, theils von ſeiner Theilnahme für die Herrſchaft Hergeführt, öfter auf die Burg fam, wo ex dann ſelbſt= verſtändlich den Bräutigam ſeiner Jſa aufſuchte.

Welche Qual für Burkard Keller, dem ehrlichen Manne mit dem Gefühle dex eigenen Unehrlichkeit gegenüber zu ſtehen! „Sprich offen zu ihm, ſage ihm, wie es Dix um's Herz iſt,“ mahnte ihn ſein Gewiſſen. Das Wort trat ihm oft auf die Lippen. Der Muth der Verzweiſlung machte ihn

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