Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. y 119

Schein mußte doch gewahrt werden und die Einnahmen dazu waren ſehr knapp.

Da fam die Erlöſung unverhoſſt und von einer Seite, von welcher man es am wenigſten erwartet hatte.

Eine ältere Schweſter der Generalin hatte, no< lange bevor dieſe Frau Bergauer geworden, einen Herrn v. Rohnegg geheirathet, welcher dur<h das Geld der Kaufmannsto<ter ſein überlaſtetes Gut von Schulden frei machen wollte. Frau v. Nohnegg war geſtorben, nachdem ſie einem Knaben das Leben gegeben, und der Wittwer hatte ſpäter wieder ein ſehr reiches Mädchen geheirathet, ſo daß er einer der reichſten Gutsbeſißer der Gegend gez worden war.

Die zweite Frau wax eine ſehr tüchtige Hausfrau, die den ehemals etwas leichtfertigen Gatten von ſeinen verſchwenderiſchen Gewohnheiten abbrachte und einen vor= züglichen Oefonomen aus ihm machte. Der Beſiß verz größerte fich immer mehr und mehr, und der von ſeiner Stiefmutter zärtlich geliebte Sohn übernahm nah dem Tode des Vaters die Leitung des Ganzen.

Als Frau v. Rohnegg ſtarb, fiel ihr Vermögen an ihren Stiefſohn, denn fie hatte ihn zu ihrem Univerſal= erben eingeſeßt, da ſie feine eigenen Kinder beſaß.

Dex junge Herr v. Rohnegg war ſeiner Stiefmutter ſehr zugethan geweſen , . er betrauerte tief ihren Verluſt, obgleich ihn derſelbe zu einem der reichſten Gutsbeſißer gemacht hatte, und er fühlte ſi vereinſamt in dem großen Schloſſe, das mit dem daranſtoßenden weitausgedehnten Parke einen prächtigen Aufenthalt bot.