Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

- Novelle von C. Wild. 123

demſelben einen Ausdru feſter Männlichkeit. Das Schönſte an ihm war unſtreitig die breite, hohe Stirn und die blißenden blauen Augen, die trob aller Schärfe von Gut= müthigkeit und Wohlwollen ſprachen. i

„Alles in Allem ein Mann, der ungeachtet aller Ge= fühlsweichheit einen feſten, entſchiedenen Charafter beſibt,“ dachte Meline bei ſi<; „ih werde ſehr klug ſein müſſen, um ihn zu gewinnen, denn er wird niemals mit ſich ſpie= len laſſen. J< gefalle ihm, das ſehe ih deutlich, aber er wird deshalb doh nicht ſo leicht zu feſſeln ſein, als ih urſprünglich gedacht. Ein etwas weniger entſchiedener Charakter wäre mix lieber geweſen."

Die Generalin aß und trank und beobachtete gar nicht, dazu war ihre kluge Tochter da. Anfänglich hatte au< ſie ihr Scherflein zur Unterhaltung beigeſteuert, natür= lich mit gehöriger Reſerve, denn Meline unterließ es nicht, ihr warnende Blicke zuzuwerfen, aber nah und na<h war ſie ganz verſtummt, und ſ{ließli<, nachdem ſie ihren Appetit befriedigt, in einen leichten Halbſ<hlummex ver= funken, aus dem ſie ſelbſt Melinens helles Lachen nicht aufwe>te. Norbert erzählte von ſeinem Landleben, von den fleinen Leiden und Freuden, die ex als Herr eines großen Gutes dur<hzumachen hatte, und Meline gab eine ſehr aufmerkſame Zuhörerin ab.

Jhre ſchönen ſ<hwarzen Augen, die mit den dunklen Brauen und Wimpern einen ſo eigenen Kontraſt zu den goldig=rothen Flechten bildeten, bli>ten je nachdem heiter, ernſt und wehmüthig drein.

Norbert hatte ſeine Sliefmulter hochgeachtet, und Me=-