Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. 129

geſſen, daß er der Löwe der Saiſon geweſen iſt. Er iſt mein Gut8nachbax, beſchäftigt ſich jedo<h niht mit Oefo= nomie, gegen die er na ſeinem eigenen Geſtändniſſe einen wahren Abſcheu hegt.“

„Warum bleibt er denn dann hier?“ fragte die Gez neralin neugierig.

„Er bringt nux die Sommermonate hier zu. Den übrigen Theil des Jahres verlebt ex auf Reiſen oder in der Reſidenz; er wird ſi aber dennoch entſchließen müſſen, ſi< an den Landaufenthalt zu gewöhnen, da ſeine Braut die Beſiherin eines der ſ{<önſten Nittergüter dex Gez gend iſt.“

„Ah!“

Meſline preßte die roſigen Lippen feſt zuſammen, als ihr dieſer Ausruf entſchlüpft war. Sie wollte nicht zeiz gen, daß ſie Jntereſſe an dem Baron nahm, und ſi aus dem Wagen neigend, blickte ſie ſcheinbar aufmerkſam auf die Gegend, während ihre Mutter mit ihrem vornehm ſein ſollenden Lispeln ſagte: „Alſo Bräutigam! Jt ſeine Braut ebenſo ſ{<ön als reich?“

Norbert lächelte über die Neugierde der Dame.

„Das weiß ih niht, obgleih ih der Vormund des jungen Mädchens bin,“ verſeßte ex. „Ada Hellbrunn lebt ſeit zehn Jahren im Auslande, und ſeit dieſer Zeit iſt fie noch nicht ein einziges Mal hier geweſen.“

„Sonderbar, in der That “ ſagte die Generalin , die gerne mehr erfahren hätte.

„Nun, die Verhältniſſe erklären genügend ein ſolches Verhalten,“ nahm Rohnegg wieder das Wort. „Ada hat

Bibliothek, Jahrg. 1886, Bd, TT1, 9