Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

130 Ju lebter Stunde

fcühzeitig ihre Mutter verloren, und ihre Tante hakt ſie ſeitdem unter ihren Schuß genommen. Als dieſer die Aerzte dann einen beſtändigen Aufenthalt in ſüdlichen Ländern anriethen, verließ ſie ihre Heimath und nahm die fleine Ada mit. Als Herr Hellbrunn, Ada's Vater, vor fünf Jahren ebenfalls ſtarb, ernannte ex mich zum Vormund ſeiner Tochtex, mit der ausdrü>lichen Bedingung, Ada bei ihrer Tante zu laſſen, bis ſeine Tochter ihr vier= undzwanzigſtes Jahr erreicht haben werde.“

„Aber ſie iſt ja die Verlobte des Barons, wie Du vorhin ſagteſt,“ unterbrah die Generalin ihren Neffen.

„Ganz ret, aber Baron Feldheim muß noh vier Sahre warten, ehe ex ſeine Braut heimführt; die Beiden wurden von ihren Eltern ſchon als Kinder mit einander verlobt.“

„Alſo keine Heirath aus Neigung,“ ſagte die ſ<öne Meline, ſi zum erſten Male in das Geſpräch miſchend.

„O, eine ſolche Möglichkeit iſt niht ausgeſchloſſen, der Baron bringt jedes Jahr einige Wochen in Benedig bei den Damen zu,“ vexſeßte Rohnegg.

Das junge Mädchen warf die Oberlippe ſpöttiſch auf. „Cine Liebe auf Befehl,“ ſagte ſie, „ich könnte mich einer ſolchen Tyrannei niemals fügen.“

Rohnegg hatte nicht Zeit, eine Antwort zu geben, denn die Generalin interpellirxte ihn mit der Frage: „Jſt denn Fräulein Hellbrunn nicht zum Leichenbegängniſſe ihres Vaters hiehergekommen ?“

„Nein, denn ſie ſelbſt lag damals todkrank darnieder. Doch, da ſind wir angekommen, meine Damen !“