Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. 131

Rohnegg öffnete den Wagenſchlag und ſprang heraus, um der Generalin und ihrer Tochtex beim Ausſteigen be= hilfli<h zu ſein. —

Meline war ſeit der Begegnung mit dem Baron Feldheim ſehr nacdenkli<h geworden; zum erſten Male in ihrem Leben wax ihr ein Mann entgegen getreten, bei deſſen Anbli> ihr Herz raſcher ſchlug, und gerade dieſer Mann mußte ſchon gebunden ſein!

Aber Meline wäre niht das kluge, berechuende Mäd=z chen geweſen, das ſie war, wenn ſie dieſer Begegnung halber ihre Pläne aufgegeben hätte.

Jm Gegentheile, ſie hielt nun mit verdoppeltex Zähig= feit an denſelben feſt, und langſam, mit unſichtbaren Fäden wob ſie das Net, in welches ſich Rohnegg verſtricen ſollte.

Meſline hatte richtig errathen, Rohnegg war nicht der Mann, blos Herz und Sinne ſprechen zu laſſen, ex zog auch den Verſtand zu Rathe, und ehe ex ofen um ſeine ſ<öne Couſine warb, wollte er ſi<h überzeugen, ob ihr Juneres der berü>end ſ{hönen Außenſeite entſprach.

Aber was iſt ein kluger Mann gegenüber einem \{<lauen, hinterliſtigen Weibe!

Meline wax auf ihrer Hut und wachte, ſo oft auh der galante Feldheim plößli<h ſeine früher ſehr ſeltenen Beſuche bei ſeinem Nachbar wiederholte, ſorgſam über jeden Blick und jedes Wort, um nicht ihren wahren Chaz rafter vorzeitig zu verrathen. Fhren fonſtigen Gewohn= heiten entgegen erhob ſie fi<h zeitig des Morgens und ging in den Park, um mit ſelbſtgepflü>kten Blumen den Frühſtückstiſ<h zu ſ{<hmüd>en.