Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. 193

liehen haben, wenn man nicht gewußt hälte, daß er in einigen Jahren der Gatte einer reihen Frau ſein würde; dieſer Ausſicht hatte ex ſeine ganze Exiſtenz zu verdanken, und unter ſolchen Umſtänden wäre es Wahnſinn von ihm geweſen, an eine andere Verbindung zu denken. E

Meline wußte das, ſie hatte es von allem Anfange an gewußt, und denno<h! Sie liebte den ſchönen, eleganten Mann, deſſen weiche, tiefe Stimme ihr beim erſten Gegen= itbertreten ſo ſ<hmeichelnd in's Ohr geklungen, ſie liebte ihn, ſeine ganze Art und Weiſe, die ſo gut zu der ihren paßte, und es kamen Momente über ſie, wo ſie zu jeder Thorheit, zu jedem Opfer bereit geweſen wäre, um ſein Weib werden zu können.

Meſline war eine geſchictte Schauſpielerin, und Baron Feldheim gab ihr in dieſer Hinſicht nichts nach. Vox den Augen der Welt waren ſie zwei Leute, die mit ein= ander höflich verkehrten, ohne ſi< zu ſuchen, ohne ſih zu meiden; ſobald ſie ſich aber unbeachtet ſahen, änderten ſie ihr Benehmen. Jhre Augen ſprachen daun eine glühende, beredte Sprache, ihre Hände fanden ſi zu einem warmen, innigen Dru>e, und von den Lippen zitterten leiſe, Leiden= ſchaftliche Worte.

Und bei all dieſer Leidenſchaft dieſe kühle, ruhige Bez rechnung, die ſorgfältig das Für und Wider erwog, ſich nie verrieth, ſi< niemals eine Blöße gab — und dies Alles blos um des Geldes willen!

Beide waren ein üppiges, luxuriöſes Leben gewöhnt, Beide wußten, daß ihre Liebe einem Daſein voll Ent= behrung und Einſchränkung nicht Stand halten fonnte;