Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von E. Wild. 139

Sie richtete ihre großen {warzen Augen flammend auf ihn. ;

Dex Baron hatte ſie losgelaſſen und war von ihr zu= rüdgetreten; ex hatte die Arme über die Bruſt verſchränkt, und ſah das ſhône Mädchen lange ſchweigend an.

„Sie wollen, ih ſoll Sie meiden, Sie von meiner Gegenwart befreien?“ frug er mit ſeiner tiefen, melodiſchen Stimme.

Meline erzitterte heftig. Sie ballte die kleinen Hände frampfhaft zuſammen und unterdrückte mit übermenſchlicher Anſtrengung den Seufzer, der ſi< ihrer Bruſt ent= winden wollte. |

„Geben Sie mix Antwort, Meline — ja oder nein!“

Sie ſtand noh immer unentſchloſſen da. Wenn er fortging, bis ſie Rohnegg's Frau geworden — es würe beſſer, beſſer für ſie Beide — ſie hätte freier auſathmen fönnen, denn ſie brauchte dann nicht zu fürchten, daß ſie ſih do< einmal verrieth, aber — ſie liebte den Mann da vor ſich, ſie konnte nicht ſein, ohne ihn zu ſehen, und eine raſende Eiferſucht pacte ſie bei dem Gedanken, er fönnte, fern von ihr, ſie vergeſſen und Andere ſ{hön finden.

Bei dieſem Gedanken durchſchüttelte ein nervöſer Schauer ihre Glieder und ihre dunflen Augen wurden feucht.

Zweimal öffnete ſie die Lippen, um zu ſprechen, und zweimal ſ{loß ſie dieſelben wieder, ihr Buſen hob und ſenfte ſich ſ<wer, in ihren reizenden Zügen malte ſih dex Kampf, dex in ihrem Jnnern tobte, allein no< wax ſie ſtark genug, um das entſcheidende Wort zurückzuhalten.