Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

42 f In lebter Stunde.

ihr Auftreten etwas Feſtes, Entſchiedenes an ſich, das Meline gegen ſie eingenommen haben würde, auh wenn Ada nicht Feldheim’s Braut geweſen wäre.

Hätte Meline in dex jungen Erbin ein unbedeutendes Weſen gefunden, ſo würde ſie ſich mit ſtiller Nichtachtung begnügt haben, allein weil ſie den eigenartigen Zauber exfannte, den dieſes Mädchen troß ſeines ernſten Weſens auszuüben im Stande war, ſo wurde ihre Eiferſucht rege, und ſie beehrte die Braut des Barons mit einem glühen= den Haſſe, der von Tag zu Tag mehr zunahm, obwohl fie viel zu klug war, um denſelben offen zur Schau zu tragen.

Ada blieb, dem Wunſche Rohnegg's Folge leiſtend, einige Tage im Schloſſe, denn Nohnegg hoffte, daß ſich das junge Mädchen in Melinens Geſellſchaft eher zer= ſtreuen würde, als in dex Einſamkeit ihres großen väter= lichen Gutes, welches nur eine Wegſtunde von Schloß Rohnegg entfernt war.

Allein Ada fand wenig Gefallen an Melinens Um-= gange; die Antipathie war eine gegenſeitige, nux war dieſelbe bei Ada noch nicht in Haß ausgeartet. Sie wußte ſelbſt nicht, was es wax, das ſie ſo lebhaft von dem jungen Mädchen abſtieß.

Es war nicht Neid oder Eiferſucht über Melinens blendende Schönheit, über ihre gewandten, lebens\wür= digen Manieren, denn Ada's Seele kannte ſolch" fleinliche Empfindungen nicht, es wax ein unbeſiegbarer Wider= wille, den ſie vom erſten Zuſammentreffen an empfunden hatte, und dex ſi unwillkürlich in jedem Blite, in jeden