Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. 143

Worte fundgab, ſo daß es Ada als eine doppelte Wohl= that empfand, als ſie nah einigen Tagen mit ihrer Ge= ſellſchaſterin, einex alten, gutmüthigen Dame, das Schloß ihres Vormundes verlaſſen konnte, um in ihrem eigenen Hauſe Aufenthalt zu nehmen.

Auch Meline empfand es als Erleichterung, daß Ada ging; ſie lächelte ſpöttiſch über ihren Verlobten, der häufig hinübexritt, um nah ſeiner Mündel zu ſehen.

Um ihn hatte ſie keine Angſt, denn ſie kannte ſeinen Charakter genau genug, um zu wiſſen, daß er ein einmal gegebenes Wort niemals brechen würde.

Nein, in dieſer Beziehung wax Rohnegg ein Mann von Eiſen, ſo lange er an ihre Treue glaubte, war ſie ſeiner ſicher. Abex der Baron Feldheim, wenn es ihm einfallen ſollte, ſeine Braut liebens8werth zu finden?

Meſline wäre im Stande geweſen, Alles auf's Spiel zu ſeßen, um cin inniges Verhältniß zwiſchen den Ver= lobten zu hindern.

Doch ſo weit kam es nicht.

Dex Baron machte ſeine Beſuche bei Ada ſo kurz als möglich ab, und ſie ſelbſt zeigte ſich ſo kühl, ſo unnah=z bar, daß es ihm beim beſten Willen unmöglich geweſen wäre, ſi<h ihr in zärtlicher Weiſe zu nähern.

9.

Meſlinens Hochzeitstag fam heran. Rohnegg hatte ſich gegen ſeine Braut ſehr freigebig erwieſen. Cine prachtvolle Ausſtattung war in der Reſidenz beſtellt worden, und die Genexalin wußte ſich kaum vor Freude zu faſſen,