Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von E. Wild. 1

der ſonſt blühend ausſehende Mann ſi<h ſehr verändert hatte; no< nie war ihr ſo aufgefallen als heute, wie blei ſeine Wangen waren, welch? trüben, matten Schim= mer ſeine blauen Augen hatten.

„Norbert“ ſagte ſie mit ihrer ſüßen, glo>enhellen Stimme, „Du ſiehſt leidend aus.“

Sie ſah ihm bei dieſen Worten forſchend in die Augen. ¿

Jhrem ſcharfen Bli>ke entging es nicht, daß ein leichtes Zucken übex ſein Antliß flog.

„L niht do<, Meline,“ verſeßte er „ih hatte in lebterer Zeit verſchiedene G-ſchäftsſorgen, das mag mich bleicher gemacht haben.“

Sie lehnte ſih zärtlih an ihn, und ſagte in weichem Tone: „Du ſollteſt Dich mehr ſhonen, Norbert, mix zu Liebe!“ :

Er faßte ihre Hand und führte dieſelbe an ſeine Lippen. '

„Mach? Dix keine Sorgen, liebes Kind, einige Lage „der Ruhe, und Alles iſt wieder gut.“

„Du willſt ausreiten ,“ ſagte Meline, erſt jeht bez merkend, daß Nohnegg im Neitanzuge war.

„Ja, ih muß nah Hellbrunn- hinüber, es gibt einige Wirthſchaftsangelegenheiten mit dem Gutsdireftor zu erz ledigen, und dann möchte i<h Ada beſuchen.“

„Willſt Du Deine Einladung zu unſerer Vermählung wiederholen?“ fxug Meline, unter den geſenkten Lidern hervor ihren Verlobten beobachtend.

„Nein, denn ih ſehe den Grund ihrer Weigerung voll=

Bibliothek. Jahrg. 1886, Bd. TIX. 10