Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

158 Jn lebter Stunde,

Jn ſeiner Chrlichkeit dachte ex nicht daran, daß Melinens Launen ſelbſt die heißeſte Liebe in ſeinem Herzen hätte exſtifen müſſen, wenn auh fein anderes Bild in demſelben je zuvor gelebt, er war ſi<h nur bewußt, daß er ein Unrecht an ihr begangen, und ſein Beſtreben war nux darauf gerichtet, jenes ſo viel als mögli<h wieder gut zu machen.

Den erſten Winter hatte das Chepaar in der Reſidenz verlebt; Meline war dort ſehr gefeiert worden und Baron Feldheim in ihrem Hauſe täglih aus und ein gegangen.

Der Frühling war auf Melinens ſpeziellen Wunſch auf Schloß Rohnegg zugebracht worden, aber Ada war mit dem Chepaare m<ht zuſammengetroffen. Sie war ſchon einige Wochen zuvor mit ihrer Geſellſchaftsdame na<h den! Süden gereist und Rohnegg dankte dem Himmel aus tiefſtem Herzen für dieſen Zufall.

Jm Sommer wünſchte Meline eine Badexreiſe zu untev= nehmen, und Rohnegg willfahrte auh dieſem Begehren. Den Spätherbſt brachten ſie in Paris zu, und den Winter \vieder in der Reſidenz.

Mit einer Art von fieberhafter Eile flog dort Meline von Feſt zu Feſt, von einem Vergnügen zum andern.

Sie befand ſi in einer verzweifelten Stimmung; in nächſten Herbſte ſollte endlih Ada's Vermählung mit dem Baron ſtattfinden, und Meline liebte ihn von Tag zu Tag mehr mit wahnwißiger Leidenſchaft.

Das Schickſal hatte ihr frivoles Spiel an ihr gerächt; ſie, die ſonſt mit den Herzen Anderer geſpielt, die mit kalter Ruhe Leidenſchaften zu entflammen gotrachtet hatte,