Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

160 Jn [ebter Stunde.

Ada bemühte ſich na< Kräften, freundlich gegen den Baron zu ſein; ſollte. fie doh binnen ivenig Monden ſeine Gattin werden, und ihre Pflicht wax es, das Bild des Mannes zu bannen, das ſie noh immer in ihrem Herzen trug.

Weder die Zeit noh die Entfernung haiten eivas an ihren Gefühlen zu ändern vermocht, und ſo ſehr ſie auh fämpfte und ſtritt, ſie hatte es nicht dazu gebracht , dieſe unſelige Liebe zu Rohnegg aus ihrem Herzen zu reißen.

Mit einem Gemiſh von Freude und Schre> erhielt ſie vierzehn Tage nah Feldheim's Ankunft die Nachricht, daß Rohneggs wieder zurü>gekehrt ſeien und diesmal einen längeren Aufenthalt zu nehmen gedachten.

Alſo doh! Sie mußte den bitteren Kelch zur Neige leeren und Norbert an der Seite der Frau ſehen, die er aus Liebe geheirathet hatte, während ſie dazu beſtimmt wax, cinem Manne anzugehören, den ſie weder lieben noh achten konnte.

Sie hatte oft daran gedacht, dent Befehle des todten Vaters zuwider zu handeln und ihre Verlobung zu löſen. Wenn ihr Vater noh am Leben geweſen wäre, vielleicht hätte ex ſich von ihren Bitten beſtimmen laſſen, und ſie hätte ſih wenigſtens ihre Freiheit gewahrt. So viel ſie ſih au< mit dieſem Gedanken beſchäftigte, ſo hatte ſie doch eine eigene Scheu davor, ihn auszuſprechen.

Vielleicht auch war es beſſer ſo, wenn eine doppelte Schranke ſie von dem geliebten Manne trennte, vielleicht gab ihr die übernommene Pflicht Kraft und Muth, dieſe Liebe zu überwinden und aus dieſem ſchweren Kampfe

als Siegerin hervorzugehen.