Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. 161

Und ſie hielt ſich feſt und tapfer bei dem ſo ſehr gez fürchteten Wiederſehen; ſelbſt der ſhärfſte Beobachter hätte feine Spur von Erregung an ihr wahrnehmen können.

Sie gewann es ſogar über ſich, bei dieſer Gelegenheit freundlicher als ſonſt gegen Feldheim zu ſein, und er= we>te dadur<h in Melinen eine raſende Eiferſucht.

Die junge Frau ſah, daß Ada ſich während der lebten Fahre ſehr zu ihrem Vortheile verändert hatte, und der Gedanke, daß der Baron ſeine Verlobte lieben lernen fönnte, brachte ſie zur Verzweiflung.

Sobald ſie fi<h mit Feldheim allein ſah, machte ſie ihm die heftigſten Vorwürfe, ſie verlangte, er ſolle die Verlobung löſen, und ſeine Weigerung rief einen wahren Sturm von Bitten und Thränen bei ihr hervor. Es fam zu einer ſehr unerqui>lichen Scene, und die Folge davon war, daß der Baron ſi<h Tage lang niht vor Melinen bli>en ließ.

Die ſ{<höne Frau wax ihm nachgerade ganz gleichgiltig geworden, und nur die Furcht vor ihrer Leidenſchaftlichz feit hielt ihn ab, ihr dies offen in's Geſicht zu ſagen.

Meline verzehrte fi<h vor innerer Aufregung. Fmmer näher, immer näher ſah ſie den Tag kommen, da Feld= heim einex Anderen gehören würde, und in ihrer Qual, in ihrem eiferſüchtigen Schmexrze ließ ſie die ſonſt ſorgſam beobachtete Vorſicht außer Acht.

Sie quälte ihre Mutter mit ihren Launen, ſie benahm fich falt und abweiſend gegen ihren Gatten, und wenn ſie Ada gegenüber ſtand, ſo leuchtete ihr der Haß förmlich aus den Augen.

Bibliothek. Jahrg, 1886. Bd, III. 11