Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Novelle von C. Wild. 173

von mix Aufflärung gefo.dert, und wennglei<h ih ihm eine ſolche verweigert habe, er läßt fi<h niht täuſchen, nicht irre führen. Ex wird ſi< rächen an Dix, an mir. Komm’, laß uns fliehen, ſo lange es no< Zeit iſt, ih fann niht längex in ſeinem Hauſe bleiben !“

Sie hatte ſich vor ihm auf die Kniee geworfen und die Hände bittend zu ihm erhoben.

Etwas ernüchtert ſtarrte der Baron auf das ſchöne bleiche Frauenbild herab, das flehend zu ſeinen Füßen lag.

Schön war dieſes Weib, wunderbar ſchön, aber was nüßte das Alles! Ex brauchte Geld, viel Geld, um ſeine Schulden zu bezahlen, um ſtandesgemäß leben zu können da mußte alles Andere in den Hintergrund treten. Fliehen ſollte er mit ihr, fliehen in der leßten Stunde, nachdem er ſo lange Jahre geharrt, um die reiche Erbin ſein eigen zu nennen? Nein, das wäre Thorheit, Wahnſinn gez weſen ! i

„Sei vernünftig, Meline,“ ſagte er, ſich niederbeugend, um fie aufzurichten. „J<h kann nicht anders — verbittere mix den Abſchied nicht, wix müſſen nun einmal ſcheiden und ohne einander leben.“

Mit einem wilden Schrei emporfahrend, ſtieß ſie ihn ſo heftig von ſich, daß er beſtürzt zurü>taumelte.

„Meſline, was ſoll das Heißen ?“

Sie ſtand ihm hoh aufgerichtet gegenüber, mit feſt= geſ<loſſenen Lippen und flammenden Augen.

Das Spißtentuch war ihr vom Haupte gefallen, und gleih Schlangen ringelten ſich die gelösten, röthlih ſ{immernden Flechten über ihren wogenden Buſen herab.