Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

174 Jy letter Stunde.

„Bedenke, was Du ſprichſt,“ tönte es no< einmal von ihren Lippen, „mein Gatte wird mih aus dem Hauſe jagen, ih werde ſhußylos und heimathlos ſein!“

„Du ſiehſt zu ſchwarz; Rohnegg wixd Dix vergeben !“

„Niemals! So wie ih Dir nie vergeben werde,“ ziſchte ſie zwiſchen den geſ<loſſenen Lippen durch, dicht an ihn herantretend; „da Du mit mix niht leben willſt, fo ſollſt Du mit mix ſterben !"

Noch ehe ſie geendet, knallte ein Schuß und der Baron ſtürzte tödtlich getroffen zuſammen.

Die Waffe in der Hand ſtand ſie einige Sekunden unbeweglich da; dann irrte ein wildes, bitteres Lächeln um ihre bleichen Lippen.

„Du haſt es niht anders gewollt,“ rief ſie, die Münz dung des Revolvers mit feſter Hand ſich an's Herz ſebend.

Ein zweiter Schuß, kaum vernehmbar — lautlos brach Meline zuſammen.

10.

Mehr als ein Jahr iſt ſeit jener Kataſtrophe ver= gangen, dur< welche Ada Hellbxunn ihren Bräutigam und Rohnegg ſeine Frau verlor; nach ſo mancher bangen, ſchweren Stunde iſt Alles wieder in ein ruhiges Geleiſe zurüd>gekehrt, und die Zeit, dieſe nimmermüde Tröſterin, hat mit ſanfter Hand einen Schleier über all’ die Shmer= zen und Qualen der Vergangenheit gebreitet.

Sm Anfange hatte Rohnegg geglaubt, es nicht überleben zu können, dieſe Schmach, dieſe Erniedrigung ertragen zu müſſen, denn dur< den Lod der beiden Schuldigen war ihr Vergehen öffentliches Geheimniß geworden. Rohnegg's