Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

192 Eine unglückliche Dichterin.

getroffen und, um einen augenſcheinlich beabſichtigten Selbſt mord zu hindern, angehalten hatte. Jhre Freunde ließen fich es mn eifrig angelegen ſein, erheiternd auf ihren Gemüth8zuſtand einzuwirken und ſie auf andere Gedanken zu bringen; kurze Zeit hindurh ſchien dies auh wirklih von Erfolg zu ſein, aber nux zu bald kamen neue Anfälle von Schwermuth über ſie, und in einem ſolchen entfernte fie ſich am Abend des 17. September abermals aus dem Hauſe, um nicht mehx zurü>zukehren.

Sieben Tage ſpäter, am 24. September Abends, wurde ihre Leiche nahe bei der Stadt aus der Saale gezogen. Der Körpex wax bereits in ſo aufgelöëtem Zuſtande, daß ihre Freundin, Frau Hendel-Schüß, nux an den Kleidern erfannte, daß es Luiſe Brachmann war. An ihrem linken Arm hing ein ſchwerer Mauerſtein, den ſie mit einer Sehnux daran befeſtigt hatte. Jn dem Zimmer aber, das ſie zuleßt bewohnt, fanden ſi< mehrere Briefe, die ihren Entſchluß, freiwillig aus dem Leben zu ſcheiden, deutlich fund gaben. Darunter einige Zeilen an ihren Bruder in Dresden mit den Worten: „Ein zu ſ{hmerzliches Schitſal, mein theuxer Bruder, läßt mich erliegen; mögen Deine guten Kinder ſih an dem erfreuen, was ih ihnen theils redlih von unſeren guten Eltern bewahrt, theils treuz lich vexdient habe. Küſſe alle Deine Kinder und lebe wohl!

Auf dem Friedhof zu Halle fand die unglü>liche Dichterin ihre lebte Ruheſtätte. Und ſo erfüllte fich die Grabſchrift , die ſie ſich ſelbſt lange Jahre zuvor verfaßt hatte: