Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

Von Oswald Heim. 195

Zunifa oder um den Hals geknüpft trug, gebrauchten ; Plinius ſoll in ſeiner Redekunſt den Gebrauch deſſelben gelehrt haben. Ferner erzählt der römiſche Geſchichts= ſchreiber Tacitus in ſeinen „Annalen“, Kaiſer Nero habe ſi< gerühmt, im Theater ſi<h nie den Schweiß von der Stirne getro>net zu haben. Bei den Elegants von Athen und Rom war es Sitte, ein ſol<hes Sudoxium in der Hand und ein anderes im Gürtel zu tragen, aber daſſelbe wurde niemals na< Art unſeres Taſchentuches verwendet. Ein derartiger Gebrauch würde als hochgradige Ungezogen= heit und Unreinlichkeit betrachtet worden fein, denn be-= fanntlih hatten Griechen und Römer Reſpekt vor tro>enen Naſen, und nur Kindern und Greifen ward es nachgeſehen, öffentlih fi<h auszuſ<hnauben.

Unzweifelhaft würde bei dieſen Völkern des klaſſiſchen Alterthums eine Frau, die öffentli<h mit einem Taſchen= tuche in der Hand erſchienen wäre, allen Anſtand verlebt, alle Anbeter verſcheu<ht haben. Gatten trennten ſih- von ihren Gattinnen, welche die Schwachheit hatten, ein Taſchenluch gebrauchen zu müſſen. Plautus erzählt, daß man in Rom, bevor man eine Frau nahm, ſi< einz gehendſt erkundigte, ob dieſelbe au<h mit einer Naſe, welche zu feiner „unangenehmen Ableitung“ Anlaß gab, au?geſtattet ſei, und Juvenal berichtet von einem Ehe=ſcheidungsfalle, der auf dem erwähnten Grunde baſirte. Der Philoſoph Epiltet ſpricht in einem moraliſchen Auf= ſabe zu einem Cyniker: „Wie? Unreinex, der Du biſt, würdeſt Du es wohl gar wagen, in unſeren Tempeln auszuſpu>en oder Dir die Naſe zu pußen?“