Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.
Roman von Georg Hartwig. 9E
„Und die Aerzte?“ murmelte Lante Käthe dumpf. „Die Aerzte? Sie ſprachen von Ueberreizung der Nerven, von Exfältung, von Lähmung, von Allem, nux
niht von dem, was Hilfe ſchaffen könnte.“
„Gibt es eine Hilfe?“
Der Juſtizrath zu>te ſ{hmexrzlih die Achſel. „Unter hundert Unwahrſcheinlichkeiten eine Möglichkeit. Aber gleichviel, Jrmengard muß daran glauben, ſonſt geht ſie zu Grunde.“
„Und die Welt die gleisneriſche, treuloſe Welt, bez flagt ſie nun ihre Göttin?“ fragte Tante Käthe bitter.
„Sobald der Reiz der Neugier geſtillt war, ſobald ein neues intereſſantes Thema gefunden wax, ſobald ein gut renommirter Erſah in Ausſicht ſtand, leerten ſi<h die Salons der gefeierten Künſtlerin allgema<h von Lheilnehmenden und früheren Verehrern, welche ſih ſonſt täg= lih na< ihrem Befinden zu erkundigen pflegten. Es iſt ja einmal ſo der allgemeine Lauf der Dinge.“
„Und Jrmengard? Was wird die Unglücſſelige bez ginnen?“ forſchte Tante Käthe, ſeine Hand ergreifend.
„Zunächſt iſt ihr unbedingte Ruhe und Trennung von den gegenwärtigen Verhältniſſen verordnet. Sie ſelbſt leiſtet feinen Widerſtand mehx, ließe man ſie ſterben und verderben, es wäre.ihr recht, ſie würde nicht klagen. Auch ihre ſehr bedenkliche pefuniäre Lage kümmerte ſie nicht im Geringſten. Jrmengard iſt arm und wie alle {nell bez rühmt gewordenen Künſtlerinnen nicht ſchuldenfrei. Pen= ſion8anſprüche hat ſie niht, und der Erlös aus threm Beſibthum wird ſchwerlich länger als für etliche Jahre